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Die neue Regierung kuschelt, die FPÖ freut sich auf künftige Wahlerfolge, dem BZÖ ist seiner Existenzgrundlage beraubt, und die Grünen - ja, was ist eigentlich in die Grünen gefahren?
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Seit Tagen liefert die Ökopartei einer ihrer Zielgruppe nahestehenden Wiener Tageszeitung deftige Schlagzeilen: Da erklärt die designierte Bundessprecherin ausgerechnet an jenem Tag den Lissaboner EU-Reformvertrag für "tot", an dem in Brüssel dessen Überlebenschancen gewährleistet wurde. Worauf EU-Mandatar Johannes Voggenhuber, bei den Grünen jener Geist, der stets verneint, eine Korrektur dieser Äußerung einmahnt und auch erhält.
Da rüttelt Efgani Dönmez, Bundesrat mit türkischen Wurzeln, an grünen Tabus, indem er Asylwerber, "die Mist gebaut haben", möglichst rasch abschieben will und Kolleginnnen attestiert, "Brüste zu haben reicht bei den Grünen nicht aus als Qualifikation" - und löst damit so vorhersehbare wie empörte Reaktionen aus.
Keine Frage: Die zuletzt so viel beklagte Friedhofsruhe unter Alexander Van der Bellen ist Geschichte. Und es ist schwer zu sagen, welche Rolle Nachfolgerin Eva Glawischnig dabei spielt, an deren Wahl beim Grünen Bundeskongress Mitte Jänner kein Zweifel besteht.
Neue Akzente setzt Glawischnig jedenfalls bereits jetzt in der EU-Politik. Die Kampfabstimmung über den grünen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl kann nicht nur als eine Abstrafung Voggenhubers für dessen zahllose innerparteiliche Nadelstiche der vergangenen Monate interpretiert werden. Unübersehbar ist, dass die Grünen ihre seit jeher bestehende Skepsis gegenüber der EU wieder stärker betonen wollen. Vor allem ihre Funktionärsbasis und diverse Vorfeldorganisationen sind mehrheitlich EU-skeptisch. Abzuwarten bleibt, ob auch ihre ungebundenen Wähler den Grünen auf diesem neuen Kurs folgen werden.
Für Glawischnig hat die Debatte um eine Kampfabstimmung am Bundeskongress nur Vorteile: Sie ist ein - für sie persönlich ungefährliches - Ventil zum Dampf ablassen. Anschließend täten die Grünen aber gut daran, wieder Ruhe in den Druckkochtopf einkehren zu lassen. Ihr Jobauftrag lautet nämlich bis 2013 Opposition.