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Man kann der Regierung vieles vorwerfen - etwa, dass sie die Realität verweigert, wenn sie keine Alternative zu den 500 Millionen Euro Einnahmen präsentiert, die die Finanztransaktionssteuer ab 2014 jährlich ins Budget spülen sollte. Dass sie an diesen Einnahmen stur festhält, wo sogar Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble den Glauben aufgegeben hat, ist skurril. Ja, es stimmt schon: Auch die EU-Kommission hält unverdrossen daran fest. Aber sie hat den Großteil für ihren eigenen Haushalt verplant. Der Bär ist nicht erlegt, sein Fell aber schon doppelt vergeben.
Und nur zur Erinnerung: Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat Österreich nicht nur das Triple-A aberkannt, sondern auch einen negativen Ausblick mitgeschickt. Das heißt, Österreichs Budget steht unter besonders kritischer Beobachtung. Ein Finanzplan mit Fantasiebuchungen macht da keinen schlanken Fuß.
Das kann man der Regierung vorwerfen - aber nicht, dass die Finanzsteuer vor dem Aus steht. Das wird nicht in Wien entschieden. Und europaweit mag die Aufgeschlossenheit gegenüber dem Projekt zwar größer sein denn je - bei der Realisierung ist man aber keinen Schritt weiter.
Dass die Grünen nun ihre Zustimmung zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) - der eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt - an die Transaktionssteuer knüpfen, ist gerade für eine europafreundliche Partei ein heikler Spagat. "Wir wollen den ESM nicht scheitern lassen", beteuert die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Es gehe aber nicht, dass die Last der Schuldenkrise nur auf den Schultern der Steuerzahler abgeladen werde. Die Forderung der Grünen sei schon lange bekannt, sie wollen den ESM sowohl in Wien als auch in Brüssel als Druckmittel nützen.
Ein gefährliches Spiel: US-Medien, die den Euro ohnehin zum Untergang verdammt sehen, werden mit Freude ein ESM-Scheitern an die Wand malen - und die Finanzmärkte entsprechend reagieren.
Bevor es zu einer abgespeckten Form wie einer Börsenumsatzsteuer kommt, wollen die Grünen, dass notfalls "8 bis 10 Länder der Eurozone alleine starten", so Lunacek. Das wäre aber ein fauler Kompromiss, der wenig bringt: Weder käme das veranschlagte Geld für die nationalen Budgets herein, noch würden dadurch Hochfrequenz-Transaktionen oder der Derivatehandel gebremst. Denn sinnvoll ist die Finanztransaktionssteuer eigentlich nur global, vergleichbar dem Emissionshandel und Klimaschutz.
Allenfalls hätte eine EU-weite Umsetzung Signalwirkung - das werden aber die Briten nie zulassen. Der Regierung in Wien kann man das schwerlich anlasten.