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Der Irak-Krieg wird zum Katalysator für einen grundlegenden sicherheitspolitischen Bewusstseinswandel der Grünen: Sicherheitssprecher Peter Pilz kann es mit einer europäischen Sicherheitsgemeinschaft gar nicht mehr schnell genug gehen. Von der Bundesregierung erwartet er eine klare Stellungnahme zum völkerrechtlichen Status des Irak-Krieges.
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"Wir brauchen möglichst schnell eine europäische Sicherheits- und Außenpolitikgemeinschaft", erklärte Pilz gestern in einer Pressekonferenz. Dabei müsse sich Österreich "an die Spitze dieser Entwicklung" stellen - auch "mit dem Wissen, dass dies das Ende der Neutralität sein wird". Komme es tatsächlich zu einer Sicherheitsgemeinschaft Europas mit einer optionalen Beistandsverpflichtung, würde dies gleichzeitig auch das Ende der NATO bedeuten, ist Pilz überzeugt. Europa müsse sich von den USA emanzipieren und einen eigenen Weg gehen.
Die tiefe Kluft, die derzeit Europa in der Frage des Irak-Krieges teilt, wird nach Ansicht des Grünen Sicherheitssprechers diesen Prozess noch zusätzlich beschleunigen. Schon in fünf Jahren könnte demnach eine europäische Sicherheitsgemeinschaft Realität sein. Dass dies zwangsläufig zu verstärkter Aufrüstung in Europa führen müsste, bestreitet Pilz: Aufgabe Europas könne nicht die militärische Durchsetzung von Interessen nach dem Vorbild der USA sein.
Damit haben die Grünen in wenigen Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung in ihren sicherheitspolitischen Vorstellungen durchlaufen, die sie von entschlossenen Neutralitätsbefürwortern und Bundesheer-Kritikern zu Fürsprechern einer Aufgabe der Neutralität zugunsten einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik werden hat lassen.
Von der Bundesregierung fordert Pilz vor dem gestrigen Nationalen Sicherheitsrat die Feststellung ein, dass der Irak-Krieg der USA gegen das Völkerrecht verstoße. Um eine solche Feststellung dürfe sich die Bundesregierung nicht "herum schwindeln". Laut Pilz gebe es hierzu kein völkerrechtliches Gutachten des Außenministeriums oder des Bundeskanzleramtes. Die Grünen brachten zu dieser Frage einen entsprechenden Antrag im Sicherheitsrat ein.
Klare Worte erwarten sich die Grünen auch hinsichtlich einer möglichen türkischen Invasion in den kurdischen Nordirak: Sollte es dazu kommen, müsse der Türkei klar gesagt werden, dass die "Tür zur EU für lange Zeit zu" sei, so Pilz.