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"Reden wir lieber von 'was anderem", blockt der Wiener Steuerprofessor Max Hackl hartnäckig ab. Der Zampano der jährlichen Steuernachhilfe-Veranstaltung in Oberlaa hat ein "besonderes" Verhältnis zu einer im Vorjahr eingeführten Bestimmung des Einkommensteuergesetzes, die der Verstärkung des betrieblichen Eigenkapitals dienen soll. Es geht um die steuerbegünstigte Eigenkapitalverzinsung, die in Wahrheit nur eine Zuwachsverzinsung ist und sich in der Praxis als recht zahnloses Fiskalgeschenk entpuppt.
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Der §11 des Einkommensteuergesetzes hat schon in der Vergangenheit Glückloses verheißen. Die damals dort vorgesehene Steuerbegünstigung für den nicht entnommenen Gewinn war wegen ihrer komplizierten Anwendung von den Betrieben weitgehend ignoriert worden. Steuerexperten sagen dem neuen Text des "Elfers" ein ähnliches Schicksal voraus. Die erstmals für das Vorjahr mögliche "Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses" erweist sich als problematisches Privileg, dessen Geburtshilfe sich Fiskus und Wirtschaftskammer nun gegenseitig zuschieben. Worum geht es da?
Zinsenabzug als Sondereinkünfte
Für den Eigenkapitalzuwachs, den ein Unternehmer in einem Wirtschaftsjahr gegenüber dem höchsten Kapitalstand der Vorjahre nachweisen kann, kann er sich Zinsen ausrechnen und diese Zinsen als Einmalprämie absetzen. Durch diese fiktive Betriebsausgabe mindert er in diesem einen Jahr also seinen steuerpflichtigen Gewinn. Der zulässige Zinssatz wird jährlich vom Finanzministerium festgesetzt; für das Jahr 2000 beträgt er 4,9%, für 2001 sogar 6,2%.
Der fiktive Zinsenabzug vom Betriebsgewinn wird andererseits als steuerpflichtiger Kapitalertrag angesehen und als solcher beim selben Unternehmer und im selben Jahr der Besteuerung unterzogen. Er wird allerdings nicht zum Normalsteuersatz besteuert, sondern mit dem einheitlichen Sondereinkünfte-Steuersatz von 25%.
Der Vorteil der ganzen Konstruktion liegt also in der Steuersatzdifferenz. Erspart sich ein Betriebsinhaber vom fiktiven Zinsenabzug seine individuelle Grenzsteuer von zum Beispiel 40% und muss er diese Zinsen mit 25% "sonderversteuern", dann liegt der effektive Gewinn aus der Transaktion bei 15% der (4,9%-)Zinsen. Bei Kapitalgesellschaften, deren Körperschaftsteuer einheitlich 34% beträgt, bringt die Kapitalzuwachsverzinsung demnach 9%.
Zur Erforschung des "Urkapitals"
So viel zur Theorie. In der Praxis ergibt sich das Problem, den exakten Eigenkapitalzuwachs und damit die zutreffende Verzinsungsgrundlage zu ermitteln. Dazu ist es notwendig, aus den Vorjahren das höchste gewichtete durchschnittliche Eigenkapitalkonto heraus zu finden, also das "Urkapital", an dem der Zuwachs gemessen wird. Für bestehende Betriebe müssen dazu die Kapitalkonten der einzelnen Jahre des Beobachtungszeitraumes verglichen werden. Diese Zeit-spanne ist im Gesetz mit sieben Jahren vor dem Zuwachs-Ermittlungsjahr fixiert, sie wird allerdings für die Einführungszeit der neuen Bestimmung auf die Jahre ab 1998 eingeschränkt. Für Neugründungen gilt der Startzeitpunkt des Betriebs.
Eine aufwendige Rechenarbeit
Dem aus den Vorjahren herausgesuchten höchsten Eigen-kapitalstand wird nun das Eigenkapital des Zuwachsjahres gegenübergestellt und - vorausgesetzt, dass sich tatsäch-lich ein Zuwachs zeigt - der Mehrbetrag verzinst.
Der dazu erforderliche erhebliche Arbeitsaufwand ergibt sich daraus, dass für die jährliche Eigenkapitalermittlung nicht einfach der jeweilige Ultimostand aus den Bilanzen maß-gebend ist, sondern jeweils ein besonderes Eigenkapital-Evidenzkonto zu erarbeiten ist, in dem die einzelnen Kontobewegungen (Entnahmen, Einlagen, Nutzungen, Steuerfreizugänge, usw.) tageweise nach Art einer Zinsnummernrechnung gewichtet werden müssen.
Dabei geht es nicht um die bloßen buchhalterischen Abläufe, sondern um die tatsächlichen Zahlungsvorgänge, was gelegentlich eine geradezu detektivische Analyse der Zahlungsströme erfordert. Um eine exakte Evidenz zu führen, bedarf es einer valutagerechten Zuordnung.
Nur ein magerer Steuervorteil
Die vorgebliche gut gemeinte steuerliche Förderung des Eigenkapitalzuwachses wird so offenbar zu einer recht arbeitsaufwändigen und wegen ihrer fiskalischen Unsicherheiten gewagten Begünstigungsmaßnahme. Wenn man dem mageren Steuergewinn den Arbeitsaufwand (oder die Kosten des meist notwendigen Steuerberater-Einsatzes) gegenüberstellt, ist die Sache kaum attraktiv, heißt es in Unternehmerkreisen. "Reden wir lieber von 'was anderem", sagt der Steuerprofessor.