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Die guten Seiten der Krise

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Ein Teil der europäischen Krise ist dem zögerlichen Verhalten der EU-Kommission zuzuschreiben. Jose Manuel Barroso und sein Team ließen sich von den EU-Regierungschefs das Heft aus der Hand nehmen, herausgekommen ist ein ziemlicher Pallawatsch. Jetzt tut die Krise richtig weh, und der Chef der EU-Kommission hat eine Kehrtwende vollzogen. Im Parlament in Straßburg meint er, ein "Ja, aber" dürfe es in der Europäischen Union nicht mehr geben, nur noch ein "Ja". Und eine Finanztransaktionssteuer werde es auch geben.

Das Europäische Parlament nahm dies alles mehrheitlich wohlwollend auf, was als Indiz gewertet werden darf, dass die EU-Institutionen sich offen gegen die EU-Regierungschefs stellen. Das passiert spät, aber es ist besser als nie. Denn der EU-Rat, der die einzelnen Regierungen koordiniert, hat mit Beginn der Krise und dem neuen EU-Vertrag begonnen, sinnlose Parallelstrukturen aufzubauen.

Finanzminister und Regierungschefs gaben den Ton in der Griechenland-Krise an, EU-Kommission und Parlament den Hintergrundchor. Der weltweite Druck auf die EU, sich stärker zu vernetzen und Entscheidungen zu zentralisieren, war überaus hilfreich. Europa kann US-Präsident Barack Obama und dem Internationalen Währungsfonds dankbar sein. Bisher trat Barroso vor allem als Zauderer und Zögerer auf.

In den kommenden Wochen wird sich weisen, wie europäisch die Politiker in Europa tatsächlich denken. Wenn sich die Regierungschefs (und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy) auf eine Machtprobe mit EU-Kommission und EU-Parlament einlassen, ist wohl das Kreuz über die Union zu machen. Denn die EU steckt in einer so tiefen Krise, dass ein internes Polit-Gezerre den letzten Rest Glaubwürdigkeit wegfegen würde.

Barroso muss seinen Worten nun Taten folgen lassen. Natürlich ist es notwendig, das EU-Budget aufzustocken, um die Konjunktur zu stützen. Wenn die nationalen Staaten allesamt sparen, muss es eine Institution geben, die Ländern wie Griechenland hilft, wieder auf die Beine zu kommen. Die Strukturfonds der EU sind ein wesentliches Werkzeug dafür, und die Vorschläge des zuständigen EU-Kommissars Johannes Hahn gehen dahin.

Wenn die EU-Kommission und das Europäische Parlament bei der kommenden Debatte ums Geld klein beigeben, wird Europa Schritt für Schritt re-nationalisiert. Und dann wird es richtig teuer.