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Die Hamas: Das Phantom am Verhandlungstisch

Von Douglas Hamilton

Politik

Das Problem der Spaltung wird von allen ausgeblendet. | Jerusalem (reu) Es ist das Problem, mit dem sich niemand befassen will, das Phantom, das mit am Verhandlungstisch sitzen wird: Selbst wenn es der israelischen und der palästinensischen Führung gelingen sollte, den Berg an gegenseitigem Misstrauen abzutragen und sich in den kommenden zwölf Monaten auf eine Friedensregelung zu verständigen, würde dies für 40 Prozent der Palästinenser nur auf dem Papier geschehen. Der Grund: Sie leben im Gazastreifen. Die dort regierende radikal-islamische Hamas hat erklärt, sie werde der israelischen Kernforderung niemals nachkommen, den jüdischen Staat anzuerkennen.


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Unter keinen Umständen will die "Bewegung des Islamischen Widerstandes" Israel einen rechtmäßigen Platz in der Region zubilligen. Ihren Rivalen von der Fatah des Präsidenten Mahmoud Abbas (Abu Mazen), die die von den USA durchgesetzten Verhandlungen mit Israel führen, wirft Hamas Verrat an der palästinensischen Sache vor. Eine Vereinbarung zwischen Abbas und Israel über die Schaffung eines souveränen palästinensischen Staates bliebe somit teilweise Fiktion. Doch die zarten Hoffnungen auf ein Vorankommen im Friedensprozess will niemand im Keim ersticken. Daher wird das Problem ausgeblendet.

In seinem Brief an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, in dem er seine Verhandlungsbereitschaft kundtat, erwähnte Abbas den Gazastreifen mit keinem Wort. Er schrieb lediglich: "Wir stellen fest, dass ein Staat mit provisorischen Grenzen keine Option für das palästinensische Volk ist."

Hamas wartet noch ab

Auf die Frage, wie er das Unmögliche möglich machen wolle, antwortete Abbas vor kurzem im israelischen Fernsehen lapidar: "Wir werden das Problem mit dem Gazastreifen und der Hamas lösen." Er sagte aber nicht wie. Vergangene Woche gab er vor Journalisten zu: "Wenn wir ein Friedensabkommen erzielen, wären wir nicht in der Lage, es umzusetzen, bevor wir diesen Riss (zwischen Fatah und Hamas) kitten."

Hamas-Politbürochef Khaled Mashaal bezeichnete den Präsidenten jüngst als zu schwach, um ein gerechtes Abkommen mit Israel aushandeln zu können. "Unser Projekt ist der Widerstand!", betonte Mashaal. Westliche Diplomaten gehen dennoch davon aus, dass es fortlaufend Bemühungen zur Aussöhnung von Hamas und Fatah geben wird.

Mashaal wird mit Sicherheit zunächst einmal abwarten und schauen, wie die Gespräche verlaufen und ob ein Scheitern von Abbas abzusehen ist. Erst dann wird er seinen nächsten Schritt machen. Sollte Abbas eine Einigung mit den Israelis erzielen, dann blieben der Hamas nach Meinung von Diplomaten drei Optionen: Aussöhnung mit der Fatah, ein Referendum im Gazastreifen über das Abkommen oder dessen sofortige Zurückweisung.

"Falls die Fatah Zugeständnisse macht, die ein Friedensabkommen ermöglichen könnten, wird sich die Hamas nicht bloß dagegen stemmen, sondern auch über die Mittel verfügen, alle Bestimmungen zu ruinieren, die sich auf Gaza beziehen", sagt Nahost-Experte George Friedman von der Denkfabrik Stratfor. Da die Hamas auch im Westjordanland Anhänger hat, drohten große Gefahren. So könnten etwa Rufe nach einer Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes gegen Israel laut werden. Doch der Gaza-Streifen ist pleite und die Hamas - trotz ihrer möglichen stärkeren Annäherung an den Iran - auf die finanzielle Unterstützung arabischer Staaten und einen Teil der Hilfsgelder angewiesen, die Abbas vom Westen erhält.

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