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Die Häme der Halbstarken

Von Christina Böck

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Grammys bis Oscars - in Zeiten der politischen Turbulenzen und gesellschaftlichen Diskurs-Aufruhre Stichwort MeToo müssen sich Preisverleihungen immer häufiger die moralische Rechtfertigungsfrage stellen lassen. Die Verleihung des Echo-Musikpreises hat dazu am Donnerstag wohl keinen hilfreichen Beitrag geliefert. Schon im Vorfeld wurde diskutiert, ob es zulässig ist, dass die Rapper Kollegah und Farid Bang für den Preis nominiert sind, denn in einem ihrer Songs wird Muskeltraining mit "Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen" beschrieben. Eine Ethikkommission votierte für Kunstfreiheit, und überhaupt soll doch die Gala selbst ein Ort der Debatte werden. Das geschah, wenn auch in der Minimalvariante. Tote-Hosen-Frontmann Campino kritisierte differenziert, dass die Kunstform des Raps nun einmal so sei, er appellierte aber an alle, ihre Grenzen darüber, was an Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Frauenhass noch erträglich sei, immer wieder zu befragen. Dem waren Kollegah und Farid Bang nicht gewachsen, sie begegneten der Ansprache mit Hohn, imitierten Campinos aufgeregtes Handzittern und präsentierten eine Karikatur des Sängers mit Heiligenschein. Wie Halbstarke eben agieren.

Die Rapper haben den Preis in der Kategorie Hiphop gewonnen. Der orientiert sich an den Verkaufszahlen. Das ist das tatsächlich Beunruhigende: Nicht der eine geschmacklose Satz, sondern der üppige, fruchtbare Boden, auf den diese unbedachte, pubertäre Menschenabwertungssaat fällt.