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Behandlung gegen Schlaganfall an internationaler Spitze. | Stammzellen-Therapie noch nicht einsetzbar. | Wien. Neues aus den Neurowissenschaften erreicht allwöchentlich die Medien. Wissenschafter erfinden Mini-Hirnscanner (für Ratten) und versprechen sich davon Erkenntnisse über die Gehirnfunktionen. Sie entdecken das Angst-Zentrum im Schläfenlappen und entwickeln mögliche Impfstoffe gegen Demenzerkrankungen wie Alzheimer. Klar zu sein scheint: Die Hirnforschung hat ein unabsehbares Potenzial.
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In der Praxis ist jedoch erst wenig davon umsetzbar. Eduard Auff, Vorstand der Universitäts klinik für Neurologie in Wien, ist um ein realistisches Bild bemüht: "Etwa können wir die Stammzellentherapie noch nicht empfehlen. Sie befindet sich im Forschungsstadium und das Problem besteht, dass es dabei auch zum Auftreten von bösartigen Tumoren kommen kann." Auch dämpft er allzu große Hoffnungen auf neue Impfungen: "Vakzine gegen Parkinson oder Alzheimer werden gerade getestet. Ob sie je auf den Markt kommen, muss sich weisen", sagte er als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie am Dienstag vor Journalisten anlässlich der heute beginnen Jahrestagung der Fachgesellschaft in Wien.
Abseits der Grundlagenforschung hätten sich jedoch einige High-Tech-Therapien etabliert. "Früher hat man gesagt, dass man in der Neurologie bloß wisse, wo die Störung liegt. Heute können wir Erkrankungen sehr wohl behandeln", so Auff.
So ist Multiple Sklerose (MS) zwar noch nicht heilbar. Doch die Medizin kann den Krankheitsverlauf um 20 bis 30 Prozent verlangsamen und die Häufigkeit der Krankheitsschübe um ebenso viel verringern. Die Ursachen der chronisch-entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems, die mit Schwäche-Schüben beginnt und zu einer langsam fortschreitenden Behinderung führt, sind einerseits im Immunsystem zu finden. "Andererseits besteht aber auch ein genetischer Hintergrund. Es handelt sich um 20 bis 30 Gene, die zusammenspielen, von denen die meisten mit dem Immunsystem zu tun haben", erklärte Karl Vass, Leiter der Multiple-Sklerose-Abteilung der Medizinuni Wien. Bildgebende Verfahren würden helfen, die pathologischen Abläufe im Gehirn immer besser zu verstehen.
Auch im Bereich Epilepsie gibt es Behandlungserfolge und -verbesserungen. In Österreich leiden daran 70.000 bis 80.000 Menschen. "In den vergangenen 20 Jahren sind hier rund 20 neue Medikamente auf den Markt gekommen, aber ein Drittel der Patienten hat Therapieresistenzen", sagte Ekaterina Pataraia, Leiterin der Ambulanz für erweiterte Epilepsiediagnostik. Bei rund der Hälfte jener, bei denen die Medikamente nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden, lassen sich die Anfälle mit Hilfe von neurochirurgischen Eingriffen reduzieren oder verhindern.
International an der Spitze liegt Österreich bei der Ausstattung mit sogenannten "Stroke Units" für Patienten mit Schlaganfall - und somit in der Anwendung der Thrombolyse-Behandlung bei der akuten Erkrankung zur Auflösung des bei 85 Prozent der Betroffenen vorhandenen Blutgerinnsels in einer Hirnarterie. 40 Prozent der Schlaganfallpatienten erreichen das Spital innerhalb von eineinhalb Stunden, womit die Medikamente bleibende Schäden verhindern können.