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Die heimlichen Stars des Achtelfinales

Von Christoph Rella

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Die K.o.-Phase muss für die WM keinen großen Qualitätsgewinn bedeuten. Die Auswahl würdiger Aufstiegskandidaten ist jedenfalls dürftig.


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Es war eine der mühsamsten, aber auch überraschendsten Vorrunden, die eine WM in letzter Zeit gesehen hat. Immerhin wurde das, was die Teams - die sogenannten Favoriten genauso wie die Exoten - an Nicht-Qualität und bisweilen Stümperei auf dem Rasen gezeigt haben, durch jede Menge ungewöhnliche Tore (Standardsituationen, Elfmeter) und vor allem Aufregung (Videobeweis) mehr oder weniger erfolgreich kaschiert. In der letzten Partie der Vorrunde zwischen England und Belgien funktionierte nicht einmal das. Ein langweiliges Geschiebe, mehr war das nicht. Wahrscheinlich hätten sich beide mehr angestrengt, wären sie unter anderen Umständen - etwa als erstes Spielpaar in der Gruppe - aufeinandergetroffen. Aber so bot der vermeintliche Kracher nur ein bedauerliches Sittenbild eines von Taktik geprägten Fußballs.

Wo ist das Feuer der Begeisterung, wo die Entschlossenheit zum Sieg, wo die Bereitschaft, auch einmal Grenzen zu überschreiten? Von all dem war in Russland bisher kaum etwas zu spüren - von wenigen Ausnahmen abgesehen. Auf diesen ruhen aber nun umso mehr alle Hoffnungen, weil sie in der Lage scheinen, das Achtelfinale mit jener Freude und Leichtigkeit zu beleben, die man in der Gruppenphase von ihnen gewohnt war. Denn im Ernst: Nur weil auf einem Dress Frankreich, Brasilien oder Spanien draufsteht, heißt das nicht, dass die besseren Fußball spielen.

Wer also Zeit hat, sollte daher am Sonntag den Fernseher einschalten, wenn etwa um 20 Uhr Kroatien (gegen Dänemark) aufmarschiert. Nicht nur hat das Balkanland bisher alle Gruppenspiele - man denke an das 3:0 gegen Argentinien - klar gewonnen, sondern mit Ivan Rakitić, Luka Modrić und Mario Mandžukić einige Top-Spieler in ihren Reihen, die in den besten Ligen Europas kicken und ein echtes Team bilden.

Mit diesen Voraussetzungen Platz eins in der Gruppe erobert hat auch Schweden, dem nicht erst seit dem knappen 1:2 gegen Deutschland (in der Nachspielzeit) viele Fanherzen zufliegen. Selbst Altstar Zlatan Ibrahimovic, der sich bisher immer eher negativ über die Elf von Coach Janne Andersson geäußert hatte, musste das eingestehen ("Ich bin glücklich und stolz, Schwede zu sein"). Der Teamchef wusste schon, für was es gut war, Ibrahimovic nicht für den WM-Kader zu nominieren. Es geht ja auch ohne Star, und das lässt die Schweden im Vergleich zu anderen Nationen sympathischer erscheinen. Auch weil ihre Spieler im Gegensatz zu Achtelfinalgegner Schweiz auf politisch aufgeladene Jubelposen (Stichwort: albanischer Doppeladler) verzichten.

In dieser Aufzählung nicht fehlen darf - last, but not least - freilich Mexiko. Auch dieses Nationalteam hat sich bisher mit Kampfgeist und Bereitschaft zu Laufarbeit (etwa gegen Auftaktgegner Deutschland) in ein positives Licht gerückt. Großen Anteil daran hatte Goalie Guillermo Ochoa, der seinem Land mit 17 Saves - den meisten bei dieser WM - den Weg in die K.o.-Phase mitgeebnet hat. Dass die Aztecos gegen Schweden verloren haben, schmälert dieses Verdienst keineswegs und muss auch nichts für das Spiel gegen Brasilien bedeuten. Die Mexikaner werden sich zu wehren wissen. Da kann Neymar noch so oft theatralisch umfallen.