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Die Himalaya-Pioniere

Von Stephanie Schüller

Politik

Vor kurzem hat in Wien der erste nepalesische Greißler geöffnet.


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Das Restaurant Yak und Yeti und der Shop Mount Everest bringen einen Hauch Nepal nach Wien.
© Luiza Puiu

Wien. In einem Wiener Innenhof im 6. Bezirk wehen bunte Gebetsfahnen, die zwischen Bäumen aufgehängt sind. Im Sommer sind hier die Plätze zwischen Gebetsmühlen und Stupasteinen besetzt. Im November hat es alle nach drinnen verschlagen, wo es nach Kurkuma, Curry und schwarzem Gewürztee riecht. Das Yak & Yeti ist das einzige traditionell nepalesische Restaurant in Wien. Auf der Speisekarte finden sich unter anderem Momos und Samosa - gedämpfte und gebackene Teigtaschen mit diversen Füllungen. Bei den Hauptspeisen dominieren Gemüse- und Linsengerichte. Aber auch Fleisch- und Tofugerichte finden sich auf der Karte. Gegessen wird, wie es die Österreicher kennen, bei Tisch. Aber nicht in jedem Raum. Ein zweiter Raum ist mit Polstern ausgelegt, hier wird im Sitzen gegessen und geplaudert.

Kleine Community

Die kleine nepalesische Community lässt offenbar Raum für Pioniere. Andere asiatische Angebote wie Sushi oder chinesische Buffets finden sich im Gegensatz dazu an fast jeder Straßenecke. Derzeit leben in Österreich laut Statistik Austria 486 Nepalesen. Das sind sehr wenige, wenn man die Zahl mit jener der deutschen (157.793) und türkischen (113.670) Staatsbürger in Österreich vergleicht. Der Großteil der Nepalesen, nämlich 297, lebt in Wien.

Ein Community-Treffpunkt für Wiener Nepalesen ist das Yak & Yeti in der Hofmühlgasse in Mariahilf deshalb noch lange nicht: "Nepalesen gehen nicht gerne in nepalesische Restaurants", sagt Raju Gurung, einer der Restaurantbetreiber. Warum auch etwas in einem Restaurant essen, das man sowieso jeden Tag zu Hause kocht? "Außerdem feiern Nepalesen ziemlich laut, das ist in einem Restaurant schwierig. Wenn wir die Möglichkeit haben, gehen wir auch woanders essen", sagt Gurung. Auch die Arbeitszeiten seien sehr unterschiedlich, viele Nepalesen würden erst am Abend arbeiten. "Wenige sind im Büro, sodass sie um sechs Uhr abends aus haben und essen gehen könnten", erzählt Gurung. Leger sieht er aus, der Mittdreißiger mit seinem zugebundenem Zopf und dem roten Kapuzenpullover. Er selbst kam vor 14 Jahren von Nepal nach Österreich. Sein Onkel Khanchha Gurung und sein Freund Raj Shestha haben das Restaurant gegründet. "Ich war von Anfang an dabei", erzählt Gurung. Erst vor vier Jahren sei er offizieller Teilhaber des Yak & Yeti geworden.

Das Yak & Yeti ist das einzige traditionell nepalesische Restaurant in Wien.
© Luiza Puiu

Zweiter Standort

Das Geschäft läuft gut, es ist sogar ein zweiter Standort geplant. "Vor zwei Wochen haben wir fast ein Restaurant gekauft", sagt Gurung. Der Verkäufer habe es sich im letzten Moment aber doch anders überlegt. Noch ist die Filiale im 6. Bezirk also der einzige Standort für nepalesische Küche in Wien. "Es kommen und gehen immer wieder neue Restaurants. Vor uns gab es zwei Restaurants, die haben schon zugesperrt. Nach uns waren noch zwei, von denen hat man kurz mal gehört und dann waren sie wieder zu", erzählt Gurung. Das Erfolgsrezept von Yak & Yeti sei, dass nicht nur nepalesisches Essen geboten wird. Auch viele kulturelle Veranstaltungen locken die Gäste das ganze Jahr über in das Restaurant. Mehr nepalesische Küche in Wien würde Gurung aber nicht stören: "Ich habe mich immer gefreut, dass mehrere Restaurants kommen. Weil es dann mehr Werbung gibt", sagt Gurung. "Ich glaube, es gibt viele Leute, die gut kochen können. Aber ein Restaurant muss aus einem guten Team bestehen, die Leute brauchen mehr Information, nicht nur Essen", so Gurung. Er versuche, seine Gäste mit Informationen rund um Nepal zu versorgen. Vor kurzem wurde das Fest des Lichts gefeiert, was mit Weihnachten in Österreich vergleichbar ist. In Sachen Marketing setzt das Yak & Yeti auf Mundpropaganda.

Das Publikum im Yak und Yeti setzt sich laut Gurung aus allen Altersgruppen, von Kindergartenkindern bis Senioren, zusammen. "Die Kinder fühlen sich wohl, weil wir sehr kinderfreundlich sind. Die dürfen hier alles machen, wir sagen nichts", erklärt Gurung. "Auch die älteren Leute fühlen sich wohl, weil sie Erinnerungen an die 1970er Jahre haben. Damals war die Hälfte der Österreicher in Nepal", erklärt Gurung und lacht. Auch viele Studenten zählt das Yak & Yeti zu seinem Publikum.

Sprachbarrieren

Probleme mit der österreichischen Kultur hatte Gurung nur anfangs, als er die Sprache noch nicht konnte. "Ich bin im Winter gekommen, Sommer wäre besser gewesen. Im Sommer ist mehr los, im Winter sind alle wie Mäuse", erinnert sich Gurung zurück. Ein Kulturschock waren für ihn vor allem die Gebäude und die Sauberkeit. Gurung habe viel nachgedacht, wieso hier so vieles anders ist als in seiner Heimat. "Die Österreicher konnten damals schon Englisch sprechen, haben das aber immer als unangenehm empfunden. Die jetzige Generation hingegen will das, die finden das cool", beschreibt Gurung den Generationenwandel. Trotzdem: er kann noch nicht sicher sagen, ob er für immer in Österreich bleiben wird. "Das ist alles offen", sagt Gurung. Aber: "Wenn wir noch ein zweites Lokal eröffnen, binde ich mich immer mehr an Österreich", sagt er.

Ähnlich wie Raju Gurung ist auch Buddhi Tamang in seiner Position in gewisser Weise ein Einzelkämpfer. Er betreibt mit dem Mount Everest den ersten nepalesischen Shop in der Veronikagasse, nicht weit von der U6-Station Josefstädter Straße. Seit zwei Monaten läuft der Probebetrieb. Im Jänner wird er das Lokal offiziell übernehmen. Tamang ist seit 2002 in Österreich, er entschuldigt sich für sein gebrochenes Deutsch: "Ich habe nur einen kurzen Kurs gemacht, deshalb ist meine Sprache nicht so gut." Als er aus seiner Heimatstadt Okhaldhunga geflohen ist, habe es politische Probleme gegeben. Ins Detail wollte er nicht gehen beziehungsweise konnte er nicht aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse. Tamang hat dann in Österreich um Asyl angesucht und 2006 einen positiven Bescheid bekommen. Tamang war in der Gastronomie tätig, wollte sich aber selbständig machen. Trotzdem arbeitet er nebenbei noch in seinem zweiten Job: "Ich bin seit drei Jahren Textilarbeiter in einer Firma, die nepalesische und thailändische Kleider verkauft", erzählt der 35-Jährige.

Hoffnung

Dort arbeitet er von 13 bis 20 Uhr. Davor und danach ist er in seinem Shop. Unterstützt wird er dabei von seiner Frau Nirmada Dumjan. Geöffnet ist von 10 bis 22 Uhr. Das lockt vor allem jene Kunden, die lange arbeiten und deshalb zu spät dran sind für konventionelle Supermärkte. Im Mount Everst findet man Reis, Linsen, Naan Brot, Kochbananen, Süßkartoffeln, getrockneten Fisch und exotische Gewürze.

Tamang bestellt die Zutaten über Großhändler aus England, Deutschland oder den Niederlanden. Direkter Import aus Nepal sei zu teuer. Diese Produkte will er dann mitnehmen, wenn er wieder selbst nach Nepal fliegen kann. "Ich habe einen Staatsbürgerschafts-Antrag gestellt, und ich hoffe, dass 2014 der positive Bescheid kommt", sagt Tamang. Denn dann dürfte er wieder nach Nepal einreisen und könnte die Produkte günstiger kaufen.

Derzeit kommen die Kunden wegen bekannter Produkte. Neben Samosa, Kochbananen, Yamswurzeln und Bittermelonen stapeln sich ebenso Schokobananen, Mozartkugeln, Kokoskuppeln, Energydrinks und auch Erdäpfel-Chips.