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Die Hisbollah und das Wiener Enten-Dilemma

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Österreichs Außenministerium tat sich erstaunlich schwer, eine üble Terrororganisation endlich eine üble Terrororganisation zu nennen.


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Für Menschen, die unangenehme Einsichten gerne verdrängen oder sich schönreden, hat der amerikanische Volksmund guten Rat parat: "If it looks like a duck, swims like a duck, and quacks like a duck, then it probably is a duck." Was wie eine Ente aussieht, schwimmt und quakt, ist erfahrungsgemäß eine Ente.

Erstaunliche Schwierigkeiten, eine Ente als eine Ente zu erkennen, hatte hingegen in den vergangenen Monaten das österreichische Außenministerium, und das gereichte dem Amte nicht eben zu Ruhm und Ansehen.

Ausgelöst hatte das Wiener Enten-Dilemma die scheinbar eher leicht zu beantwortende Frage, ob die Europäische Union der islamistischen Terrorgruppe Hisbollah nicht endlich die wohlverdiente Ehre erweisen solle, diese Organisation auf die offizielle Liste amtsbekannter Terrorgruppen zu setzten; und damit das Ausüben ihres Geschäftes zumindest ein wenig zu vermiesen.

Nun ist evident, dass sich die Hisbollah wie eine Terrororganisation verhält, wie eine aussieht und auch wie eine quakt. Doch der naheliegende Schluss, dass sie deshalb auch eine Terrororganisation ist und daher logischerweise auf die EU-Terrorliste gehört, gelang zwar vielen Unionsmitgliedern mühelos - Wien hingegen lavierte in dieser simplen Causa, dass es schier zum Fremdschämen war. Es gäbe, ließ das Außenministerium noch diese Woche sinngemäß wissen, Argumente in diese und Argumente in jene Richtung, die Frage müsse sorgfältig geprüft werden, bevor sich das Amt endlich in die richtige Richtung bewegte.

Zu behaupten, die Frage nach dem terroristischen Charakter der Hisbollah und deren daraus resultierender Verortung auf der Liste terroristischer Organisationen bedürfe angesichts der beeindruckenden Leistungsbilanz dieser Herrschaften noch irgendeiner Abwägung, deutet jedenfalls auf das Vorhandensein größerer Mengen dialektischen Geschickes im Wiener Außenamt hin. Denn das brauchte es, um eine Ente zu einer Vielleicht-, Vielleicht-auch-nicht-Ente zu erklären.

Nicht wirklich besser wurde dieses laue Lavieren durch die diplomatisch lancierte Erklärung, was dagegen spräche, die Terroristen Terroristen zu nennen: a) die Anwesenheit österreichischer UN-Truppen im Südlibanon und b) die Gefahr, die Hisbollah könne darob im Libanon zu milieubedingten Unmutsäußerungen gereizt werden und militärische Raufhändel beginnen.

Nun hat freilich Österreich schon jüngst am Golan einen eindrucksvollen Beweis seiner Drückeberger-Mentalität geliefert, indem es seine UNO-Truppen einfach Fahnenflucht begehen ließ. Eines weiteren Beweises dieser Haltung bedurfte die Weltöffentlichkeit nicht mehr. Die kennt sich seither eh aus.

Möglich wäre freilich, dass die Hisbollah ihre offizielle Anerkennung als Terrororganisation durch die EU zum Vorwand nähme, im Libanon irgendeinen Ärger zu machen, für den sie sonst halt einen anderen Vorwand gebraucht hätte.

"Nur nicht reizen" wäre trotzdem die falsche Antwort gewesen. Gerade Österreich müsste ziemlich gut wissen, dass Appeasement gegen Politkriminelle noch nie funktioniert hat. Es funktioniert auch gegenüber der Hisbollah nicht.

ortner@wienerzeitung.at