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Die Hoffnung endet in Musina

Von Klaus Huhold

Politik

Pretoria reagiert auf Druck aus der eigenen Bevölkerung. | Einer Million Simbabwer droht der Hungertod. | Pretoria/Harare/Wien. Jeden Donnerstag fährt ein spezieller Zug nach Musina, Südafrikas nördlichste Stadt. Die Fahrgäste sind allesamt illegale Einwanderer aus Simbabwe. Bewacht von Sicherheitskräften werden sie von dem Zug in Lastwägen verfrachtet und nach Simbabwe zurückgeschickt. Allein vergangenes Jahr wies Südafrika 109.532 Simbabwer aus. Insgesamt sollen legal und illegal rund drei Millionen in Südafrika leben.


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Mit seinem Vorgehen gegen die illegalen Migranten reagiert der Staat auf wachsenden Druck aus der Bevölkerung, sind Beobachter überzeugt. Die Stimmung gegen Einwanderer steige, meint etwa der Vorsitzende der Südafrikanischen Kommission für Menschenrechte, Jody Kollapen. Inoffiziellen Schätzungen zufolge sollen sich bis zu sechs Millionen Einwanderer illegal in Südafrika aufhalten. Diese würden von immer mehr Menschen für die hohe Kriminalität verantwortlich gemacht - obwohl der Anteil an ausländischen Inhaftierten nur drei Prozent beträgt.

Außerdem herrsche ein Verdrängungswettbewerb am Arbeitsmarkt, der die Situation weiter verschärft, meint Kollapen.

Schwarzarbeit

Tatsächlich beträgt die Arbeitslosigkeit in Südafrika 25 Prozent, während viele Einwanderer schwarz beschäftigt sind. So arbeiten in der Provinz Limpopo, die an Simbabwe grenzt, zahlreiche Flüchtlinge aus Simbabwe auf den verschiedenen Farmen. Sie werden weit unter dem Mindestlohn bezahlt und schlafen jede Nacht woanders, da sie ständig befürchten müssen, deportiert zu werden.

Doch zumindest finden sie in Südafrika Arbeit. Ihr einst prosperierendes Heimatland hat Präsident Robert Mugabe in eine humanitäre Krise gewirtschaftet: 80 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos, die Inflation beträgt 1200 Prozent. Ende des Vorjahres schlug das UNO-Welternährungsprogramm (WFP) Alarm: Wegen mangelnder Ressourcen müsse das WFP die Hilfslieferungen kürzen, weshalb einer Million Menschen der Hungertod drohe.

Zudem hat Mugabe im Jahr 2005 mit der "Operation Murambatsvina", bei der ganze Stadtviertel dem Erdboden gleichgemacht wurden, 2,4 Millionen Menschen obdachlos gemacht. Viele der Betroffenen sind bis heute ihrer Lebensgrundlage beraubt.

Kritische Stimmen zu der Politik des Diktators werden indes mundtot gemacht. Oppositionelle werden Opfer von willkürlichen Verhaftungen und Misshandlungen. Die EU hat bereits Sanktionen gegen die Regierung Mugabe ausgesprochen.

Stille Diplomatie

Anders geht Südafrika mit Mugabe um: Die Regierung in Pretoria setzt auf stille Diplomatie. Durch Verhandlungen und sanften Druck soll der Despot aus dem Nachbarland zu einer Änderung seiner Politik bewegt werden.

Doch gerät die Regierung von Thabo Mbeki deshalb immer stärker unter Druck. Teile der Opposition fordern eine härtere Linie, da die Politik der Glacéhandschuhe bisher nichts gebracht habe. Außerdem werde die Zahl der Flüchtlinge nicht sinken, solange die Krise in Simbabwe anhalte, meinen Kritiker.

Zudem kehren einem Bericht von Human Rights Watch zufolge auch viele der bereits in ihre Heimat abgeschobenen Simbabwer wieder nach Südafrika zurück. Sie gehen dabei ein hohes Risiko ein: Der Grenzfluss Limpopo ist voller Krokodile und hat bei Flut gefährliche Strömungen. "Den Leuten bleibt nichts anderes übrig, als dieses Risiko auf sich zu nehmen oder in Simbabwe zu hungern", klagt Simbabwes Oppositionsführer Morgan Tsvangirai.