All jene, die vorhersagen, dass sich die globalen Machtverhältnisse von den USA in Richtung China verlagern werden, irren sich. Die Verschiebung hat längst stattgefunden. Die Nonchalance, mit der Peking die amerikanischen Forderungen vor dem Gipfel der 20 mächtigsten Wirtschaftsnationen in Südkorea am 11. und 12. November abprallen lässt, zeigt, dass das Selbstbewusstsein der Volksrepublik kaum Grenzen kennt. | Der mächtigste Mann der Welt, das ist nach Einschätzung von "Forbes" mittlerweile Chinas Staatschef Hu Jintao. Das US-Wirtschaftsmagazins ist mit dieser Meinung nicht allein. Hu steht einem geschwächten US-Präsidenten Barack Obama gegenüber und auch das "Momentum" spricht klar für die Vormacht der Asiaten: Während die US-Wirtschaft keine Auswege aus ihrer Jobkrise findet, hält Chinas Boom an.
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Zudem sitzt Peking in strategischen Fragen am längeren Hebel. Die Chinesen setzen ihren Rohstoffreichtum geschickt ein und spielen mit den westlichen Industrieländern durch künstliche Verknappung Katz und Maus.
Was die Geldpolitik betrifft, so steht die US-Notenbank Federal Reserve nur noch als Institution in Washington - die Währungsreserven sind praktisch ausgelagert. Die Chinesen besitzen nämlich US-Staatsanleihen im Wert von fast einer Billion Dollar. Sie könnten den Dollarkurs massiv beeinflussen - wenn sie nicht ein Interesse an einem starken Dollar hätten.
China exportiert und häuft Überschüsse ohne Ende an. Die USA konsumieren wie wild und verschulden sich immer weiter. Dieses Ungleichgewicht ist ein zentraler Grund für die Wirtschaftskrise. Dass das nicht ewig so weitergehen kann, ist allen klar.
Vom G20-Gipfel sind allerdings keine Lösungen zu erwarten. Alle Vorschläge, welche die USA unterbreitet haben, würden die starken Exportländer treffen - also China und Deutschland. Der Vorschlag von Finanzminister Timothy Geithner, Export-Überschüsse mit 4 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen, trifft auf erbitterten Widerstand.
Bei der zweiten Forderung, China müsse seine Währung aufwerten, haben die USA ihre eigene Argumentation untergraben, weil die US-Notenbank erneut hunderte Milliarden Dollar in den Markt pumpt - was zur Dollar-Abwertung führt. Jetzt will China dafür eine Erklärung. In Wirklichkeit manipulieren beide Länder ihre Währungen, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln.
Zumindest in einem Punkt lebt die Hoffnung auf eine Einigung: In Seoul sollen die strengeren Eigenkapitalregeln ("Basel III") für Banken abgesegnet werden.
Währungsstreit, Ungleichgewichte, Rohstoffe: Von einer neuen G2-Weltregierung USA und China, die Kommentatoren einst heraufbeschworen hatten, ist keine Rede mehr. Die neue Realität lautet Konfrontation - und das verheißt für den Zustand der Weltwirtschaft und die Krisenprävention nichts Gutes.