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Die Hölle der 4. Woche

Von Wolfgang Kappler

Wissen

Neue Ansätze in der Behandlung. | Geht es auch ohne Operation? | Drei Wochen im Monat lebte die junge Frau beschwerdefrei, die vierte Woche wurde für sie jeweils zur Hölle. Unterleibsschmerzen bis hin zur Ohnmacht machten ihr das Leben zur Qual. In seiner Ratlosigkeit entschloss sich der Wiener Mediziner Carl Freiherr von Rokitansky zur Operation.


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Was er fand, beschrieb er 1860: Der gesamte Bauchraum der Frau hatte sich in eine große Gebärmutterhöhle verwandelt. Die Schleimhaut, die normalerweise nur in der Gebärmutter vorhanden ist, ummantelte die Blase, den Darm und das Bauchfell. Diese Schleimhaut machte auch jene Zyklusschwankungen mit, die sich bei gesunden Frauen nur in der Gebärmutter abspielen.

Rund 150 Jahre später gibt die sogenannte Endometriose Medizinern immer noch Rätsel auf. Sie ist eine der häufigsten gynäkologischen Krankheiten und es wird geschätzt, dass bis zu 15 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter davon betroffen sind. Die Beschwerden beginnen oft mit Bauchkrämpfen während der Regel. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie chronische Unterbauchschmerzen sind nicht ungewöhnlich. Auch kann Endometriose zu Unfruchtbarkeit führen, ohne dass Schmerzen auftreten.

Obwohl die Erkrankung im weiblichen Beckenraum beginnt, weitet sie sich letztlich auch auf die Psyche aus. Der entstehende Leidensdruck beeinträchtigt viele Lebensbereiche. Weil die Symptome zu lange als Regelschmerzen missgedeutet werden, vergehen oft viele Jahre, bis die Diagnose per Bauchspiegelung gestellt wird.

Die Behandlung richtet sich nach dem Beschwerdebild und kombiniert in der Regel mehrere Maßnahmen. Die Schmerzbehandlung ist eine der Säulen, die schonende Entfernung des verstreuten wild wuchernden Gewebes die Zweite.

Da die Entstehung und das Wachstum der Endometriose hormonabhängig ist, wird zum Dritten versucht, durch Absenken und Entzug von Östrogenen das Gewebe "auszutrocknen". Patientinnen werden dazu vorübergehend in einen Zustand künstlicher Wechseljahre versetzt.

Angiogenese stoppen

Die Endometriose zählt zwar zu den gutartigen Krankheiten. "Man geht aber davon aus, dass sie eine Erkrankung mit invasiven und metastasierenden Eigenschaften ist, die normalerweise nur bösartige Tumoren zeigen", sagt Dr. Andreas Ebert, Leiter des Endometriosezentrums an der FU Berlin. Das bedeutet auch, dass das Gewebe eine eigene Blutversorgung aufbaut, um seine Sauerstoff- und Nährstoffversorgung sicherzustellen. Ein Prozess, der als Angiogenese bezeichnet wird.

Im Unterbinden der Angiogenese sehen viele Forscher einen neuen Ansatz zur Behandlung der Endometriose.

Wissenschafter in Deutschland konzentrieren sich etwa auf das Eiweiß Cyclooxygenase-2 (COX-2), das an der Produktion bestimmter Schmerzstoffe beteiligt ist und auch dafür sorgt, dass sich Zellen fortbewegen und an anderen Stellen anwachsen. Aber auch andere Eiweißmoleküle sind in Untersuchung.

http://www.endometriose-wien.at