Zum Hauptinhalt springen

Die Ideen im Kampf gegen Hass im Netz

Von Daniel Bischof

Politik

Expertengruppe startet Arbeit an Maßnahmenpaket. Das Frauenbudget wird erhöht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Kampf gegen Hass im Netz zählt zu den Prestigeprojekten von Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Am Mittwoch erfolgte der Startschuss für das Maßnahmenpaket, das Zadic dazu erarbeiten will. 20 Experten, darunter Anwälte, Strafrechtler und NGO-Vertreter, trafen sich zu einem runden Tisch im Justizministerium, um über Vorschläge zu diskutieren. Die Ergebnisse sollen noch bis zum Sommer vorliegen.

Zadic verwies am Mittwoch angesichts des bevorstehenden Weltfrauentages darauf, dass "Gewalt und Hass im Netz vor allem junge Frauen betreffen". Das könne von Sexismus über Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen reichen, so Zadic: "Und auf Worte können auch Taten folgen." Bestätigte Pläne gibt es noch keine, erste Ansätze zeigen sich aber bereits.

Zur Disposition steht der Tatbestand des Cybermobbing (§ 107c Strafgesetzbuch). Er trat 2016 in Kraft und erfasst zwei Formen von Tathandlungen im Cyberspace. Einerseits wird bestraft, wer Personen an der Ehre verletzt. Andererseits derjenige, der ohne Zustimmung des Betroffenen Material aus dessen höchstpersönlichem Lebensbereich veröffentlicht (zum Beispiel Nacktfotos).

Die Handlung muss von einer größeren Personenanzahl wahrgenommen werden - eine Anforderung, die im Internet schnell erfüllt ist. Eine größere Hürde ist die Voraussetzung, dass die Handlung längere Zeit hindurch fortgesetzt werden muss. Hier möchte Zadic ansetzen.

Cybermobbing könne derzeit strafrechtlich nur verfolgt werden, wenn es mehrfach verübt werde, kritisiert die Justizministerin. Es sei daher zu überlegen, ob es für eine Verurteilung "nicht ausreicht, wenn nur einmal etwas hochgeladen wird". Dass hier Reformbedarf besteht, gilt unter den Experten als weitgehend unstrittig.

Unterschiedliche Meinungen und Ansätze gibt es bei prozessrechtlichen Fragen. Knackpunkt ist hier unter anderem die Unterscheidung von Offizial- und Privatanklagedelikten. Offizialdelikte sind von den Staatsanwaltschaften von Amts wegen zu verfolgen, bei Privatanklagedelikten wird die Handlung nur auf Verlangen des Betroffenen verfolgt. Er muss eine Privatanklage einbringen und trägt damit das Kostenrisiko. Verliert er, bleibt er auf den Prozesskosten sitzen.

Einschlägige Delikte wie die üble Nachrede (§ 111 StGB) und Beleidigung (§ 115 StGB) sind derzeit - außer in Ausnahmefällen - Privatanklagedelikte. Ein Ansatz wäre, diese Tatbestände in Offizialdelikten umzuwandeln, damit die Ermittlungsbehörden bei den oft zeitintensiven Fällen von sich aus tätig werden und die Betroffenen kein Kostenrisiko tragen. Diese Idee ist aber umstritten. Einige Vertreter betonen, dass nicht die Rechtslage, an sich, sondern ihre Anwendung in der Praxis das eigentliche Problem darstelle. Hier würden Polizisten und Gerichte noch zu lasch und unsensibel vorgehen, so das Argument.

Die Justizministerin will auch bei den Internetkonzernen ansetzen. Facebook & Co. sollen stärker in die Verantwortung genommen werden. Zadic will sicherstellen, dass rechtswidrige Inhalte von den Plattformen gelöscht werden und wirksame Beschwerdeverfahren etabliert werden. Konkrete Details hierzu sind nicht bekannt. Man befinde sich noch am Anfang der Diskussion, so ein Sprecher des Justizministeriums.

Als Anhaltepunkt für Österreich wird immer wieder das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz ins Spiel gebracht. Es trat im Oktober 2017 in Kraft und ist umstritten. Anbieter sozialer Netzwerke müssen offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde löschen. Ansonsten drohen den Konzernen Bußgelder. Im Justizministerium wird betont, dass das deutsche Gesetz die Gefahr des "Overblocking" von legalen Inhalten durch die Konzerne nach sich gezogen hätte: "In der Bundesregierung sehen wir uns verschiedene Modelle in Europa an und werden dann eine eigene Lösung erarbeiten."

Vier Millionen Euro für Frauen

Anlässlich des Frauentages kündigte die Regierung an, das Frauenbudget zu erhöhen. Es werde von zehn auf zwölf Millionen Euro steigen, sagte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP). Zudem sollen weitere zwei Millionen Euro in den Integrationsfonds fließen.

Ein Schwerpunkt wird laut Raab der Kampf gegen kulturell bedingte Gewalt wie Zwangsehen und Genitalverstümmelung sein. Zudem soll der Opferschutz gestärkt werden. Angesichts der 39 Frauenmorde 2019 und der sechs im heurigen Jahr, sagte Raab: "Wir brauchen für jede Frau, die Opfer von Gewalt ist, einen Zufluchtsort."