)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Sperrfristen und Soziale Medien sind eine teuflische Paarung. Für Journalisten gemeinhin kein Problem. Sie sind es meist gewöhnt, nicht alles brühwarm und lautstark in die Welt hinauszuposaunen, was sie gerade erfahren haben. Und der Normalbürger hatte bis vor kurzem gar keine Möglichkeiten, sein exklusives Wissen, ob brisant oder banal, mit mehr als den Bewohnern seiner Gemeindebau-Stiege zu teilen. Heute wissen wir, was der Welt damit alles verborgen oder auch erspart geblieben ist.
Doch Nutzer Sozialer Medien haben längst eine kritische Masse erreicht. Beiträge fraglicher Provenienz werden in kürzester Zeit viral und entwickeln ein oft beängstigendes Eigenleben. Kontrolle ist kaum noch möglich, das Netz dynamisiert sich selbst. Dass nun - nicht zum ersten Mal - Tendenzen und Ergebnisse der Bundespräsidentenwahl vor der offiziellen Verlautbarung im Netz kursierten, inklusive diverser Aufrufe, daran noch etwas zu ändern und wählen zu gehen, ist demokratiepolitisch bedenklich. Und es führt dazu, dass überhaupt keine Daten mehr herausgegeben werden sollen. Das bedeutet, dass auch Medien Teilergebnisse erst nach Wahlschluss erfahren. Vor allem Zeitungsmacher wird dieser Einschnitt schmerzen, er erschwert ihre Arbeit maßgeblich. Wenn es jedoch ein notwendiges Mittel ist, um das zweifelsfreie Funktionieren des demokratischen Rechtsstaates zu gewährleisten, werden Journalisten wohl oder übel damit umgehen lernen müssen. Dass dadurch verhindert wird, dass Wahlergebnisse künftig vorab durchsickern, ist dennoch illusorisch.