)
Zusammenhang mit politischer Arbeit als Streitpunkt. | Differenzen um Neufassung des beruflichen Schutzes. | Wien. Stefan Petzner, Heinz-Christian Strache, Gerhard Kurzmann. Sonst im blau-orangen Konflikt getrennt, haben die Mandatare seit Mittwoch eines gemeinsam: Sie wurden vom Nationalrat an die Justiz ausgeliefert.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Gegen Petzner wird wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue im Zusammenhang mit einer Werbebroschüre ermittelt. Bei FPÖ-Chef Strache geht es um den Verdacht der falschen Zeugenaussage - Anlass war die ORF-Skinhead-Reportage. Und dem steirischen FPÖ-Obmann Kurzmann wirft die Staatsanwaltschaft Graz aufgrund des umstrittenen Minarett-"Spiels" Verhetzung und die Herabwürdigung religiöser Lehren vor.
Die FPÖ protestierte gegen die Auslieferung Straches und Kurzmanns: Es sei ein Skandal, dass der Immunitätsausschuss keinen Zusammenhang zur politischen Tätigkeit der Mandatare gesehen und daher die Aufhebung der Immunität beschlossen habe.
Denn auf den politischen Zusammenhang kommt es an: Beschließt der Immunitätsausschuss, dass ein Mandatar eine Tat nicht im Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit gesetzt hat, ist dieser automatisch nicht mehr von der Immunität geschützt.
Unscharfe Regelung
Der Hintergrund ist kompliziert: Laut Geschäftsordnung des Nationalrats dürfen Abgeordnete "wegen der in diesem Beruf gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen nur vom Nationalrat verantwortlich gemacht werden". Diese sogenannte berufliche Immunität bezieht sich nur auf Aussagen im Plenum oder in den Ausschüssen - die Justiz darf hier keinesfalls ermitteln.
Gleichzeitig gibt es die außerberufliche Immunität: Abgeordnete dürfen "wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit" steht, heißt es dazu in der Geschäftsordnung. Und hier scheiden sich die Geister: Laut dem Geschäftsordnungsexperten Werner Zögernitz bezieht sich der Begriff "politische Tätigkeit" lediglich auf die Tätigkeit als Abgeordneter des Nationalrats. Gegen Kurzmann wird aber in seiner Funktion als steirischer FPÖ-Chef ermittelt - es besteht also kein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit als Nationalrat. FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer sieht das anders: Er meint, dass sich der Ausdruck "politische Tätigkeit" auf sämtliche politische Tätigkeit - egal in welcher Funktion - bezieht.
Unter anderem um diese Unschärfe zu beseitigen, soll die Immunität reformiert werden. Die zuständige Arbeitsgruppe tagt das nächste Mal am 7. Oktober - ein Konsens erscheint aber unwahrscheinlich. Zwar sprechen sich laut dem Vorsitzenden des Immunitätsausschusses, dem Grünen Dieter Brosz, alle Parteien für die Abschaffung der außerberuflichen Immunität aus.
Allerdings gibt es starke Differenzen zur Frage der beruflichen Immunität: So fordert Fichtenbauer, dass die Schutzwirkung auch auf parlamentarische Mitarbeiter ausgeweitet wird. BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler will die berufliche Immunität möglichst eng fassen, sie soll nur auf Anträge und Anfragen im Parlament beschränkt werden.
Enger oder weiter?
Gleichzeitig spricht sich das BZÖ für einen Schutz der Informanten aus - eine Art Redaktionsgeheimnis für Mandatare. SPÖ und Grüne fordern, die berufliche Immunität auf Interviews, Pressekonferenzen und ähnliche Äußerungen außerhalb des Parlaments auszuweiten. Gegen Letzteres ist wiederum die ÖVP.
Im Oktober sollen nun alle Parteien ihre Positionen auf den Tisch legen. Brosz befürchtet, dass es zu keiner Einigung kommen wird und damit in Sachen Immunität alles beim Alten bleibt. Aus dem Büro von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heißt es dazu: Die "erklärte Absicht" Prammers sei sehr wohl eine Überarbeitung der Regelung, daran habe sich nichts geändert.