Exklusivinterview mit Irans Botschafter Ebrahim Sheibany.
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"Wiener Zeitung": Im Iran brodelt es. Die Führung setzt die Pasdaran und Bassijmilizen ein, um die Proteste zu unterbinden, doch die Demonstranten lassen sich nicht unterkriegen. Droht eine Eskalation?
<b>Ebrahim Sheibany: Es brodelt nicht bei uns. Es gibt nur Menschen, die protestieren. Einige Gruppen mischen sich mit Unterstützung der iranischen Exilopposition unter die Demonstranten, damit sie den öffentlichen Frieden stören. Das Zertrümmern von Fensterscheiben, der Vandalismus, den wir bei vielen Bankfilialen erlebt haben und dergleichen geht nicht auf das Konto des Volkes, sondern gezielter terroristischer Gruppen. Das sind Gruppierungen, die offensichtlich jahrelang innegehalten haben, um von Terror-Listen der EU gestrichen zu werden. Jetzt agieren sie wieder. Nehmen wir das jüngste Beispiel der Ashurafeiern. Diejenigen, die versuchen diese und ähnliche Tage der Trauer zum Randalieren zu missbrauchen, erhalten vom Volk und von den Sicherheitskräften eine klare Antwort. Ich möchte aber klarstellen, dass die Sicherheitskräfte bis jetzt bemüht waren, Milde walten zu lassen
Diese Aufnahmen sind zumeist konstruierte Werke von feindseligen terroristischen Kräften. Im Zeitalter von Photoshop und Internet ist viel möglich. Die Wahrheit im Iran sieht anders aus. Die Polizei handelt nur im Sinne der Sicherheit der Bevölkerung. Wussten Sie, dass hunderte Polizisten verletzt wurden in den letzten Tagen?
Polizeichef Moghaddam hat angekündigt, künftig noch brutaler vorgehen zu wollen.
Er meinte damit die terroristischen Gruppen. Wir werden alles tun, um die Ruhe und Ordnung auf den Straßen zu gewährleisten. Wenn einige Menschen die Rote Linie übertreten und Unfrieden stiften, ist es ganz klar, dass wir Reaktionen zeigen müssen.
Wenn Sie sagen, all diese Brutalitäten stimmen nicht, warum gibt es dann ein Verbot, darüber zu berichten? Täglich erlangen uns neue Bilder des Schreckens aus Teheran. Dafür hagelt es heftige Kritik aus dem Ausland. Die Vorgangsweise der Bassijgarden mit den Demonstraten sei nicht hinnehmbar, so der Vorwurf.
Das sind inneriranische Angelegenheiten. Wir verneinen ja nicht, dass es Demonstrationen gibt. Mittels Handy kann man auch vieles filmen. Aber oft sind diese Aufnahmen manipuliert. Warum wird denn nie gezeigt, wenn Milizen verprügelt und verletzt werden? Der Westen macht einen großen Fehler, wenn er sich auf die Seite von einigen wenigen Randalierern stellt. Die Großmächte sind mit ihrer Politik der Einmischung gescheitert.
Gerüchten zufolge bereitet der Oberste geistliche Führer Ali Khamenei seine etwaige Flucht nach Russland vor.
Diese Frage ist zum Lachen. Die Führung hat einen festen Platz im Herzen der Menschen und sitzt fest im Sattel. Sie waren doch Zeuge letzte Woche, als Millionen Perser auf die Straße gegangen sind, um für das Regime zu demonstrieren. Es gibt nicht den geringsten Anlass zur Sorgen.
Der zweitmächtigste Mann Irans, Ex-Präsident Ali Rafsanjani, warnt die Regierung und spricht von einer ernsthaften Krise.
Er ist einer der angesehensten Männer des Landes und hat aufgrund seiner hohen Position die Pflicht, zu tadeln und zu kritisieren, weil er um das Wohl der islamischen Republik besorgt ist. Seien Sie versichert, dass wir ein stabiles System haben und alles tun, damit das Volk, die Stütze unserer Führung, mit uns zufrieden ist.
Hat man ihm verboten, das Freitagsgebet zu halten, damit er nicht noch mehr öffentlich die iranische Regierung kritisiert?
Niemand hat ihm das Freitagsgebet genommen. Er hält es derzeit aus eigenem Willen nicht mehr, bis die Lage sich etwas beruhigt hat. Schon bald wird er das Freitagsgebet wieder selbst leiten.
Ebrahim Sheibany ist Irans Botschafter in Österreich, Slowenien und der Slowakei. Zuvor war er Direktor der iranischen Zentralbank und unterrichtete am Wirtschaftsinstitut der Universität Teheran. Er studierte Wirtschaft in Indiana (USA) und Den Haag (Holland). Sheibany ist 62 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern.