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Die Islamisten sind in Bangladesch auf dem Vormarsch

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Mehr als 20 Tote bei Ausschreitungen in Hauptstadt Dhaka.


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Dhaka. Explosionen und Schüsse hallten bis Montagmorgen durch Bangladeschs Hauptstadt Dhaka, zuvor hatten sich hunderttausende pro-islamistische Demonstranten stundenlang blutige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. "Hängt die Atheisten", forderten die Demonstranten, die am Sonntag gleich in Busladungen in die Stadt gekarrt worden waren, um schärfere Strafen für Gotteslästerer zu fordern. Nachdem die Polizei die Menge mit Gummigeschossen und Tränengas aus der Stadt getrieben hatte, gingen die Proteste in Kanchpur, einer Industriegegend außerhalb von Dhaka, weiter. Insgesamt starben mehr als 20 Menschen.

Der Kampf zwischen den islamischen Hardlinern und der säkularen Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina hat sich in den letzten Monaten verschärft. Die Hefazat-e-Islam-Bewegung (Beschützer des Islams), die die Proteste organisiert, hat dabei bereits die kommenden Wahlen Anfang 2014 im Visier.

Armut und Korruption sind Nährboden für Radikale

Das Land, in dem zu 90 Prozent Moslems leben, gehört zu den ärmsten Staaten der Erde. Der Aufstieg der Textilindustrie sorgt für politische und soziale Spannungen. Streiks und Unruhen in Dhakas Vororten, wo Hunderttausende in Kleider-Fabriken arbeiten und erst kürzlich bei einem Gebäudeeinsturz mehr als 600 Menschen starben, sind an der Tagesordnung. Armut, Korruption und Unsicherheit sind ein perfekter Nährboden für die religiösen Kräfte im Land.

Die beiden wichtigsten Parteien des Landes, die Bangladesh National Party (BNP) und die Awami League, sind eigentlich religiös neutral, rücken jedoch immer mehr auf die Seite der religiösen Hardliner, um so Stimmen für die Wahl 2014 zu gewinnen. Diese Anbiederung gibt islamistischen Parteien wie der Hefazat-e-Islam politischen Einfluss, der weit über ihre reale Stärke hinausgeht. Die Islamisten nutzen nun die Gunst der Stunde für ein Kräftemessen mit den liberalen Kräften. Ein Forderungskatalog der Hefazat an die Regierung verlangt unter anderem die Bestrafung von Bloggern, die angeblich den Islam und den Propheten beleidigt haben.

Bangladesch hatte sich 1971 in einem Krieg von Pakistan abgespalten. Bislang ist dem Land eine religiöse Radikalisierung wie in Pakistan erspart geblieben. Aber genau darauf zielen Kräfte wie die Hefazat-e-Islam - die ihre Basis in den Madrassen, den Religionsschulen, haben - ab.