)
Scheidender Premier strebt Föderation von vier Zentrumsparteien an.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Rom. Nachdem der italienische Senat am Donnerstag das Budgetgesetz für das kommende Jahr in einer Vertrauensabstimmung mit 199 zu 55 Stimmen bei zehn Ent- haltungen gebilligt hat und noch in dieser Woche auch die Verabschiedung im Abgeordnetenhaus vorgesehen ist, steht der Auflösung des Parlaments und Neuwahlen nichts mehr im Wege. Neuwahlen müssen 45 bis 70 Tage nach der Auflösung des Parlaments abgehalten werden und Innenministerin Anna Maria Cancellieri hat Staatspräsident Giorgio Napolitano bereits den 24. Februar als Wahltag empfohlen. Napolitano hatte zuvor Wünschen Silvio Berlusconis, den Wahltermin in den März zu verschieben, eine klare Absage erteilt, weil man dem Land einen langen Wahlkampf und politische Ungewissheit ersparen solle.
Ganz Italien blickt auf Montis Entscheidung
Jetzt sind alle Augen in Italien auf den scheidenden Premierminister Mario Monti gerichtet. Der hat in den letzten Tagen eine Reihe von Gesprächen mit Vertretern der bereits im Parlament vertretenen Zentrumsparteien und neuen Gruppierungen geführt, die ihn zu einer Kandidatur aufgefordert hatten. Dazu gehören die christdemokratische Zentrumsunion des früheren Parlamentspräsidenten Pier Ferdinando Casini, die FLI (Futuro e Liberta per l’Italia - Zukunft und Freiheit für Italien) des amtierenden Parlamentspräsidenten Gianfranco Fini, die erst kürzlich präsentierte Liste des Ferrari-Chefs Luca Cordero di Montezemolo und die Gruppe jener Politiker aus der Berlusconi-Partei PdL, die Monti unterstützen, angeführt vom früheren Außenminister und EU-Kommissar Franco Frattini und Ex-Innenminister Giuseppe Pisanu.
Monti strebt eine Föderation dieser Zentrumsparteien an. Möglich wäre auch eine gemeinsame Liste, die aber noch ausgehandelt werden müsste. Es wird damit gerechnet, dass Monti am Wochenende nach der Auflösung des Parlaments offiziell seine Kandidatur für das Amt des Regierungschefs bekanntgeben wird. Er betonte aber schon jetzt, dass er nicht der Versuchung verfallen werde, unbeweglich zu bleiben, den für ihn stelle sich das moralische Problem, einen Beitrag für das Land zu leisten, auch wenn er dafür als Person bezahlen müsse.
Monti bezog sich bei dieser Aussage offensichtlich auf die von Berlusconi-Seite zu erwartenden Angriffe, aber auch auf eine gewisse Nervosität von Teilen der Demokratischen Partei (PD), die es lieber gesehen hätte, dass der scheidende Premier im Wahlkampf eine neutrale Rolle eingenommen hätte.
Von Berlusconi, der den Wahlkampf in den letzten Tagen bereits mit stundenlangen Fernsehauftritten begonnen hat, kam am Donnerstag auch prompt die erste Querseite. "Es würde mich absolut überraschen, wenn der Wahlkampagne Montis eine große Gefolgschaft beschert sei. Es kann nicht einmal im Interesse Montis liegen, ein kleiner Protagonist zu werden ausgehend von seiner Rolle des ,deus ex machina‘, mit der er sich Autorität verschafft hat", meinte Berlusconi.
EVP-Präsident dementiert Berlusconis Aussagen
Zuvor hatte der Ex-Premier auch behauptet, er selbst habe der Führung der Europäischen Volkspartei (EVP) empfohlen, Monti zu dem Gipfeltreffen in Brüssel einzuladen. Das wurde von EVP-Präsident Wilfried Martens aber umgehend in einer Presseaussendung dementiert.
Berlusconi forderte einmal mehr die Zentrumsgruppen zu einem Bündnis mit seiner Partei auf, nicht ohne gleich eine deutliche Drohung hinterherzuschicken: "Wenn Montezemolo und Casini gemeinsam mit uns in eine Mitte-Rechts-Koalition eintreten würden, wären sie willkommen. Andernfalls wäre ihr einziges Resultat und auch ihr einziges verstecktes Ziel, der Linken zum Sieg zu verhelfen. Es ist klar, dass wir uns im Wahlkampf von ihnen unterscheiden müssen."