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Behörden beschlagnahmen Zockermaschinen.|Österreichs Spielautomaten-Hersteller setzen notgedrungen auf Exportmärkte.
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Wien. In der Glücksspielbranche häufen sich die Razzien: Seit knapp zwei Jahren ist die "Soko Glücksspiel", eine Eingreiftruppe des Finanzministeriums, unermüdlich unterwegs. Heuer hat sie bereits unter anderem in Oberösterreich, Vorarlberg und Salzburg bei weit mehr als 200 Kontrollen hunderte Glücksspielautomaten aus dem Verkehr gezogen.
In Niederösterreich etwa wurden kürzlich 180 illegal aufgestellte Geräte von einem Großaufgebot an Beamten, die sich zum Teil mit Gewalt Eintritt in die Etablissements verschaffen mussten, beschlagnahmt. Alles in allem sind in Spielsalons, Wettcafés, Gasthäusern und Tankstellen bereits 2500 einarmige Banditen konfisziert und viele der in einem als halbseiden geltenden Milieu angesiedelten Betreiber regelrecht aufgescheucht worden.
Noch mindestens 8000 illegale Automaten
So richtig glücklich kann die Finanzpolizei, die eine Zeit lang heftig mit der "echten" Polizei um Kompetenzen stritt, allerdings noch nicht sein. Wilfried Lehner, als Leiter der im Ministerium angesiedelten Stabsstelle Finanzpolizei Chef von 450 Mitarbeitern, berichtet, dass manche Aufsteller so dreist sind, "gleich nach der Beschlagnahme von solchen Geräten neue aufstellen zu lassen".
Die funkelnden Automaten, die in diversen Spelunken, schummrigen Spielhöllen, aber auch in durchaus seriösen Gastronomiebetrieben auf gewinnsüchtige Spieler warten, haben sich metastasenartig verbreitet: Laut einer Untersuchung der Internet-Plattform www.spieler-info.at sind solche Geld-Schluck-Maschinen österreichweit - von Eisenstadt bis Feldkirch und von Wels bis Wörgl - in zumindest 550 Lokalen gesetzeswidrig aufgestellt.
Allein in Oberösterreich konnten die Detektive an 200 Standorten fast 1000 solcher Apparate ausfindig machen. Spielerschützer Gert Schmidt sagt dazu: "Österreich ist für die Erzeuger und Betreiber illegaler Geldspielgeräte ein wahres Dorado." Alles in allem soll es laut Lehner immer noch mindestens 8000 illegale Spielautomaten geben, die großteils als harmlose Geschicklichkeits- oder Unterhaltungsspielgeräte getarnt werden.
Legal werden je nach Schätzung rund 6500 bis 10.000 Apparate in Wien, Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten betrieben, etwa von der Admiral Sportwetten GmbH, einer Tochter des Gumpoldskirchner Glücksspielkonzerns Novomatic, den Casinos Austria und deren Ableger WinWin.

Die Betreiber der nicht lizenzierten, illegal aufgestellten Geräte sind akut gefährdet: Schmidt hat in den vergangenen Monaten über die Rechtsanwaltskanzlei von Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer fast 1000 Strafanzeigen eingebracht. Diese Offensive wird etwa von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller begrüßt, die "Dank und Anerkennung" aussprach. Es erfülle sie mit Genugtuung, dass "durch die Anzeigen erste Erfolge gegen das illegale Glücksspiel erzielt werden konnten".
Keine Spur von Riennevaplus
Im Kern geht es nicht nur darum, dass zigtausende Spieler an mutmaßlich manipulierten Geräten abgezockt werden, was das Zeug hält, sondern dass zugleich dem Staat beträchtliche Abgaben entzogen werden. Das heißt: Die teilweise aus dem Ausland importierten Erzeugnisse mit ihren unkontrollierbaren Spielprogrammen, die sich automatisch-ferngesteuert verändern lassen, schädigen nicht bloß spielsüchtige Lokalbesucher, sondern in beträchtlichem Ausmaß auch den Fiskus. Ein Beispiel: Ein Tankstellenpächter mit zwei illegalen Geldautomaten, deren Kasseninhalt (also der zu versteuernde Umsatz) pro Monat und Gerät jeweils 5000 Euro beträgt, hätte eigentlich 20 Prozent Umsatzsteuer sowie 30 Prozent Glückspielabgabe zu berappen - womit der Republik jährlich 60.000 Euro entgehen. Alles in allem wird der Staat durch dieses illegale Glücksspiel pro Jahr um hunderte Millionen Euro geprellt.
Den schwarzen Schafen drohen jedenfalls im Fall einer nicht ordnungsgemäßen Versteuerung neben einer saftigen Nachforderung auch eine Verwaltungsstrafe von bis zu 22.000 Euro sowie ein Finanzstrafverfahren, allenfalls mit gerichtlicher Verurteilung. Nicht nur die Lokalbetreiber könnte es dabei erwischen, sondern auch die Hersteller jener Automaten, die bisher am häufigsten ohne Konzession aufgefunden wurden.
Das 2010 beschlossene neue Glücksspielgesetz, das die Zahl der Automaten reduzieren und auch den Spielerschutz verbessern sollte, greift wegen der langen Übergangsfristen bis 2014 noch kaum: Der Grazer Anwalt Christian Horwath hält es folglich für ein "Husch-Pfusch-Gesetz", das skrupellosen Geschäftemachern und ihren dubiosen Hintermännern, die in der Regel kräftig mitschneiden, nicht Einhalt gebieten könne.
In etlichen Fällen werden etwa beschlagnahmte Geräte umgehend durch neue ersetzt. Keine Spur also von Rien ne va plus: Die Jagd der Behörden ist zur Sisyphusarbeit geworden, und die trickreichen Aufsteller zocken mit Hilfe gefinkelter Rechtsbeistände, die sämtliche Gesetzeslücken ausnützen, weiter ab.
"Vergabe in Oberösterreich war eine reine Farce"
Im März haben die Bundesländer Nieder- und Oberösterreich den Versuch unternommen, das Chaos in den Griff zu bekommen: Die niederösterreichische Landesregierung vergab eine Lizenz zum Betrieb von insgesamt 1339 Automaten für 15 Jahre. Den Zuschlag erhielt die zum Novomatic-Imperium gehörende Admiral Casinos & Entertainment AG, deren Schwester Austrian Gaming Industries zu den weltweit führenden Herstellern derartiger Geräte zählt.
Nicht zum Zug gekommen sind unter anderem die Merkur Entertainment AG, hinter der die deutsche Gauselmann-Gruppe und Frank Stronach stehen, und der Automaten-Produzent Amatic.
Beide haben erzürnt angekündigt, die Entscheidung vor Gericht anzufechten. Amatic-Chef Reinhold Bauer hat bereits via Anwalt Einspruch beim Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben: "Wenn man uns ignoriert, werden wir die Produktion teilweise ins Ausland verlagern müssen." In Oberösterreich, wo künftig in Spielsalons mit bis zu 50 Geräten alles in allem rund 1500 einarmige Banditen stehen dürfen, war Admiral ebenfalls der große Gewinner. Weitere Lizenzen erhielten die Grazer PA Entertainment & Automaten AG sowie die dem Bauunternehmer Franz Hofinger gehörende Excellent Entertainment AG in Traun.
Das Nachsehen hatten sieben andere Bewerber, darunter die Casinos Austria, die beiden niederösterreichischen Verlierer und die zum Lokalmatador TAB Austria aus Ansfelden gehörige Win-Inn GmbH. Siegfried Dattl junior, Chef von TAB Austria, spricht von einer "reinen Farce - ohne Sachverständige, ohne Akteneinsicht, ohne transparente Vergabe". Sein Vertrauen in die Politik sei dadurch zutiefst erschüttert worden, sagt er.
Geräte werden großteils im Ausland vermarktet
Den rot-weiß-roten Herstellern von Spielautomaten, die am illegalen Glücksspiel kräftig mitzuverdienen pflegen, bleibt daher nichts anderes übrig, als ihr Glück im Ausland zu versuchen. Die Chefs dieser Firmen vermarkten ihre Geräte großteils auf Exportmärkten. Amatic-Inhaber Bauer etwa betreibt in rund 30 Ländern, darunter Spanien, Irland, Großbritannien und Griechenland, eigene Spielhallen.
Dattl wiederum, der mit 200 Beschäftigten rund 30 Millionen Euro umsetzt, bringt es bereits auf einen Exportanteil von 98 Prozent. Er beliefert 40 Länder, von Dubai bis Südafrika; in Litauen und drei anderen osteuropäischen Ländern mischt er auch als Aufsteller mit. "Dort gibt es überall freien Wettbewerb und daher nicht solche Probleme wie bei uns", sagt er. In Oberösterreich hat die TAB Austria gerade 160 aufgestellte Geräte eingezogen.