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Headhunting auf rechtlich dünnem Eis - wie können sich Unternehmen vor unliebsamen Abwerbungen schützen?
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Qualifizierte Fach- und Führungskräfte sind heute schwer zu finden. Dementsprechend hart umkämpft ist der Wettbewerb um gute Mitarbeiter. Unternehmen und Headhunter sind bei ihren Recruitingversuchen nicht immer zimperlich. Doch Vorsicht! Falsch gesetzte Abwerbe-maßnahmen können mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden sein.
Die gute Nachricht: Die Abwerbung von Arbeitskräften ist grundsätzlich erlaubt. Jeder hat das Recht, ein besseres Jobangebot anzunehmen. Es spricht daher nichts dagegen, Wunschkandidaten beispielsweise in Sozialen Netzwerken attraktive Jobangebote zu unterbreiten. Auch darf man mit allenfalls wechselwilligen High Potentials bei Konkurrenzunternehmen Kontakt aufnehmen.
Problematisch wird eine Abwerbung allerdings dann, wenn sie unlauter im Sinne des Wettbewerbsrechtes erfolgt. Dies ist der Fall, wenn beim Recruitingversuch verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt werden. Unzulässig ist daher beispielsweise die gezielte Abwerbung von Schlüsselkräften, um einen Mitbewerber zu schädigen. Ein zu aufdringliches "Nachtelefonieren" im Unternehmen des Arbeitnehmers kann ebenfalls rechtswidrig sein. In der Praxis weit verbreitet, aber dennoch nicht erlaubt ist das Versprechen des abwerbenden Unternehmens, allfällige Schadenersatzforderungen des alten Arbeitgebers zu übernehmen. Der Ersatz von Konventionalstrafen etwa wegen der Verletzung einer Konkurrenzklausel sollte daher für den Abwerber tabu sein. Auch sonstige Versuche, einen Arbeitnehmer zu einer vertragswidrigen vorzeitigen Beendigung seines Dienstverhältnisses zu "motivieren", sind sittenwidrig. Verboten ist daher etwa, den Arbeitnehmer mit einer falschen Behauptung über eine drohende Insolvenz seines aktuellen Arbeitgebers zu einer Kündigung zu bewegen.
Droht eine unzulässige Abwerbung, sollte rasch gehandelt werden. Die wirksamste "Waffe" ist die Unterlassungsklage. Damit kann sowohl ein laufender Abwerbungsversuch abgewehrt als auch zu aufdringliche Mitbewerber oder Headhunter zukünftig in ihre Schranken verwiesen werden.
Ist der Jobwechsel bereits vollzogen, kann dem neuen Arbeitgeber der Einsatz des sittenwidrig abgeworbenen Arbeitnehmers auch gerichtlich verboten werden. Das ist für das abwerbende Unternehmen besonders bitter: Es muss den abgeworbenen Arbeitnehmer weiterhin bezahlen, ohne von ihm eine Gegenleistung zu erhalten. Wird der Arbeitnehmer daraufhin gekündigt, kann dem Unternehmen auch von dieser Seite Ärger drohen. Ist dem früheren Arbeitgeber durch die Abwerbung ein Schaden entstanden, besteht überdies die Gefahr von Schadenersatz.
Vorbeugen statt streiten
Will man gute Mitarbeiter im Unternehmen halten, sollte ihnen ein Jobwechsel zur Konkurrenz möglichst unattraktiv gemacht werden. Dazu bietet sich vor allem die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel an. Damit kann ein Arbeitnehmer bis zu einem Jahr von Mitbewerbern ferngehalten werden. Manchmal droht aber auch von ehemaligen Mitarbeitern Gefahr. Diese überreden ihre früheren Kollegen nämlich gerne, ihnen zum neuen Arbeitgeber zu folgen. Dies kann etwa durch Mitarbeiterschutzklauseln in den Dienstverträgen verhindert werden. Weiters erschwert die Verpflichtung zum Rückersatz von Ausbildungskosten einen Arbeitsplatzwechsel. Die Vereinbarung langer Kündigungsfristen kann ebenfalls ein "Hemmschuh" für eine Abwerbung sein.
Letztlich darf aber auch eines nicht vergessen werden: Ein zufriedener Mitarbeiter verlässt "sein" Unternehmen nicht so schnell. Neben einem guten Arbeitsklima stellt vor allem die Gewährung von Prämien und Fringe Benefits (zum Beispiel PKW, Zusatzversicherung) einen Anreiz dar, dem Unternehmen die Treue zu halten.
Remo Sacherer ist Rechtsanwalt und Partner bei der Arbeitsrechtskanzlei
MOSATI Rechtsanwälte.
www.mosati.at