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Neue Chefs der Verkehrsbetriebe drohen mit längeren Intervallen.|"Parktarif so teuer wie Öffi-Fahrschein machen."
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Wiener Zeitung: Die Jahreskarte soll laut aktueller politischer Diskussion künftig statt 449 nur noch 365 Euro kosten. Nach Adam Riese entgehen den Wiener Linien dadurch 50 Millionen Euro jährlich an Einnahmen. Wer wird dieses Loch füllen – allein durch Tarifanhebungen beim Einzelfahrschein wird es nicht gehen?
Alexandra Reinagl: Da muss man sehr aufpassen. Wir gewinnen nämlich keine neuen Passagiere dazu, sondern nur andere. Die, die sich im Winter eine Monatskarte gekauft haben, kaufen sich dann vielleicht eine Jahreskarte. Ein Einzelticket kauft dann aber niemand mehr, wodurch wir Kurzzeit-Fahrgäste verlieren und einen Umsatzeinbruch von 20 Prozent hätten. Auf der anderen Seite bräuchte man gleichzeitig für die neuen Jahreskarten-Fahrer von heute auf morgen neues Wagenmaterial. Das ist unfinanzierbar.
Das Modell der Grünen sieht ja so aus, dass die Tarifreform durch die Stadt über Mehreinnahmen aus Parkgebühren finanziert wird. Da müssten Sie ja frohlocken, wenn das so passiert.
Reinagl: Das ist nicht so einfach, denn bis so eine Maßnahme greift, vergehen schon einmal eineinhalb Jahre. Wir brauchen das Geld jetzt. Denn 2007 war die letzte Tarifanpassung – wir hatten aber steigende Löhne und höhere Energiekosten. Unsere Einnahmen sind aber gleich geblieben. Daher sind wir dafür, alle Tarife anzupassen – auch die Jahreskarte.
Das Geld müsste also zu einer eventuellen Tarifreform mit 1. Jänner gleich da sein?
Eduard Winter: Und das geht sich nicht aus! Man muss auch dazusagen, dass wir eine vorbildhafte Tarifstruktur haben. Warum sollen wir die jetzt mutwillig aufs Spiel setzen? Genau damit haben wir ja den großen Anteil des öffentlichen Verkehrs in Wien gewonnen. Und wir wissen vom Fahrgastbeirat, dass unsere Kunden bereit sind, mehr zu bezahlen, wenn wir auch mehr investieren.
Reinagl: Wir sind europaweit Marktführer mit durchaus günstigen Tarifen. Würden wir die gesamte Tarifstruktur ändern, hätten wir weniger Einnahmen und müssten das Niveau zurückfahren.
Was würde passieren, wenn die Politik dennoch die Jahreskarte verbilligt?
Reinagl: Dann kann es zu Intervallausdünnungen kommen. Außer man gibt uns sofort das Geld von woanders.
Was halten Sie von der Idee, die Parkstunde so teuer wie den Einzelfahrschein (1,80 Euro) zu machen?
Winter: Sehr gut! Das schafft ein Gleichgewicht. Derzeit ist es ja zu zweit billiger, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. In einem Ballungsraum bringt uns aber nur der öffentliche Verkehr weiter.
Soll es mehr Mittel aus Parkgebühren für die Öffis geben?
Winter: Ich darf Ihnen sagen: Ich nehme für die Wiener Linien Geld von überall her. (lacht).
Teuer ist vor allem der U-Bahn-Ausbau. In Rothneusiedl, wo die U1 bis 2015 hinfahren soll, wird sie aber zu dem Zeitpunkt gar nicht benötigt.
Winter: Es gibt einen Ausbaubeschluss und einen Vertrag mit dem Bund. Jetzt müssen wir die Entscheidungen der Stadtpolitik abwarten. Es muss hier jedenfalls etwas passieren – und zwar bald.
Wie sieht es mit der Option Endstelle bei der Therme Oberlaa aus?
Winter: Das muss die Politik entscheiden. Das ist eine reine Kosten-Nutzen-Abwägung.
Wo sehen Sie den größten Reformbedarf bei den Wiener Linien?
Reinagl: Man hat in den vergangenen Jahren schon genug reformiert. Es wird derzeit zu viel von zu wenigen Menschen verlangt. Jetzt ist einmal der Mitarbeiter dran: Denn das Unternehmen steht nach außen hin gut da – nach innen sind wir allerdings mit einer Mitarbeiter-Unzufriedenheit konfrontiert. Hier gilt es, anzusetzen.
Winter: Denn zufriedene Mitarbeiter sind letztlich auch kundenorientierter.
Zu den Personen:
Alexandra Reinagl (40) ist seit September 2011 für den kaufmännischen Bereich bei den Wiener Linien zuständig. Zuvor war sie Chefin im VOR.Eduard Winter (59) ist Geschäftsführer für den betrieblichen Bereich und war zuletzt städtischer Projektleiter für den neuen Hauptbahnhof Wien.