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Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen werden laut Forba-Studie in den kommenden Jahren für Jobs sorgen.
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Wien. Einen Tag nach dem "Internationalen Tag der Arbeit" verkündete die Industriellen Vereinigung (IV), dass Österreich eines von drei Ländern innerhalb der Europäischen Union ist, das mit steigender Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat. Betroffen ist vor allem Wien: Die Bundeshauptstadt liegt weit über dem österreichischen Durchschnitt in puncto Arbeitslosenquote. Das ist eine Seite der derzeitigen Arbeitsmarktsituation in Wien. Eine andere Seite gibt sich optimistischer. "Den Wienerinnen und Wienern wird auch in Zukunft nicht die Arbeit ausgehen", sagt Klemens Himpele, Abteilungsleiter der MA 23 (Wirtschaft, Arbeit und Statistik).
Hubert Eichmann bestätigt diese Einschätzung. Der Arbeitsmarktexperte von der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) leitete eine von der MA 23 in Auftrag gegebene Studie über die Zukunft der Beschäftigung in Wien. Eichmann spricht von derzeitigen "Megatrends", die den Wiener Arbeitsmarkt in den nächsten 20 Jahren verändern werden. "Der einflussreichste Faktor wird das Bevölkerungswachstum und die Alterung sein", erklärt Eichmann.
Zwei zentrale Faktoren, die der Dienstleistungsbereich spüren wird, sind allen voran das Gesundheits- und Sozialwesen. Hier brauche es in den nächsten Jahren einen erhöhten Bedarf im Bereich der Krankenbehandlung. Die älter werdende Bevölkerung wird für einen wachsenden Betreuungs- und Pflegebedarf sorgen. Bereits zwischen 2001 und 2011 wuchs die Zahl der Wiener Erwerbstätigen in dieser Branche um 24,4 Prozent. Ähnlich hohe Entwicklungen gab es und wird es auch künftig im Bereich Erziehung und Unterricht geben.
Zusätzliche Jobs bei Sozialen Diensten erwartet sich Eichmann zudem durch die Zunahme der ankommenden Flüchtlinge im vergangenem Jahr. Sowohl in der Betreuung als auch in der Unterstützung bei der Arbeitsmarktintegration durch das AMS Wien werden laut Studie die Beschäftigtenzahlen steigen.
Mehr "Green Jobs" notwendig
Neben dem Bevölkerungswachstum ist die Anpassung an den Klimawandel ein weiterer "Megatrend", der die Beschäftigtenzahlen nach oben treibt. Städte tragen wesentlich zur Klimaveränderung bei. Um eine Trendumkehr herbei zu führen, braucht es entsprechende Jobs, auch in Wien: "Green Jobs" werden künftig in der Bauwirtschaft oder der Städteplanung benötigt. Erneuerbare Energien müssen zudem ausgebaut, Verkehrs-, Energie und Produktionssysteme umgerüstet und die Material- und Ressourceneffizienz gesteigert werden, heißt es.
Trends, wie die Automatisierung und Digitalisierung der Arbeit oder "sharing economy"-Unternehmen wie Uber oder AirBnB werden sich auch auf den Wiener Arbeitsmarkt auswirken. Wie stark, sei jedoch noch unklar, so Eichmann: "Ja, es gibt diese Trends, die die Beschäftigung hemmen, den Arbeitsmarkt jedoch nicht zum Erliegen bringen werden. Es ist schwer abzuschätzen wie viel Einfluss die Technologisierung tatsächlich haben wird. Es ist auf jeden Fall weniger dramatisch als in den Medien dargestellt."
Einen stärkeren negativen Einfluss könne in den nächsten Jahren das nach wie vor schwache Wirtschaftswachstum haben, welches in Wien geringer als im Bundesdurchschnitt ausfallen dürfte. Bedroht sind dadurch in erster Linie existierende Arbeitsplätze. Vom Abbau weiterer Jobs und Filialen werden vor allem Finanz- und Versicherungsdienstleistungen betroffen sein. Laut Eichmann die Branchenverlierer in Wien.
Kein Ende der Arbeit
Laut MA 23-Leiter Himpele werden sich "die Anforderungen an die Arbeit radikal verändern. Um möglichen Verdrängungseffekten entgegen zu wirken, muss in Bildung investiert werden", sagt er. Nicht zuletzt ist das Thema Bildung zentral, da höherqualifizierte Jobs an Wichtigkeit gewinnen. Zwischen 2001 und 2011 verzeichneten akademische Berufe den höchsten Zuwachs mit einem Plus von 8,5 Prozent. Etwa die Hälfte aller Beschäftigten am Wiener Arbeitsmarkt sind in hochqualifizierten Angestelltenberufen mit zumindest Maturaniveau tätig. Kein Ende der Arbeit also, sondern strukturelle Veränderungen, die es laut Himpele zu diskutieren gilt.