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Immer noch werden Frauen weltweit diskriminiert oder Opfer von Gewalt. Doch es gibt anlässlich des Internationalen Frauentages auch Zeichen des Fortschritts.
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Ich habe am Internationalen Tag der Frau vieles zu feiern. In meinem Leben habe ich unvorstellbare Veränderungen erlebt - in meinem eigenen Land Südafrika und weltweit. Ich habe gesehen, welche Kraft Menschen haben, die sich gegen Ungerechtigkeit erhoben und über alle Widrigkeiten triumphierten. Als farbige Frau, die in Armut aufwuchs, habe ich Geschlechter-, Rassen- und Klassendiskriminierung erfahren. Heute feiere ich die Kraft der Frauen. Die Kraft, die Verletzbarkeit zu überwinden, die sich aus diesen vielfachen Formen der Diskriminierung ergibt.
Als Hochkommissarin für Menschenrechte ist es meine Aufgabe, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen, einschließlich der Frauenrechte. Ich fürchte, dass die jetzige Wirtschaftskrise besonders die Frauen trifft. Die Mehrheit der Armen und Entrechteten sind Frauen. Frauen werden um ihre wirtschaftlichen, sozialen, bürgerlichen und politischen Rechte gebracht.
Noch immer werden Frauen für gleiche Arbeit schlechter entlohnt und sie besitzen auch nicht immer den gleichen Rechtsschutz am Arbeitsplatz. In vielen Ländern hindern Gesetze Frauen daran, finanziell unabhängig zu sein. Sie werden außerdem bei Besitz und Erbschaften diskriminiert. Zusätzlich sorgt die Wirtschaftspolitik für Diskriminierung. Sie vergrößert die Kluft zwischen Arm und Reich und hindert Frauen daran, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Gewalt gegen Frauen ist immer noch weit verbreitet. Die UNO betrachtet diese Gewalt als eine "Epidemie". Als jemand, der sich gegen häusliche Gewalt einsetzt, erlebte ich direkt die Folgen mit, die diese Gewalt für Frauen, Kinder und Familien hat. Zu oft werden diese Verbrechen verschwiegen und bleiben ungesühnt. So wie Gewalt gegen Frauen eine Waffe der Unterdrückung zu Hause ist, so ist sie auch ein Mittel in bewaffneten Konflikten. Als Richterin am UNO-Tribunal zur Aufarbeitung des Völkermords in Ruanda habe ich Frauen erlebt, die über sexuelle Gewalttaten berichteten. Ich erlebte auch, wie Gewalt eingesetzt wurde, um ihre Familien zu zerstören.
Trotz der Gewalt und Diskriminierung von Frauen begehe ich den Weltfrauentag feierlich. Ich feiere die Kraft der Frauen, die ihren Mut nicht verlieren. Ich feiere die Idee der Gleichheit von Frauen und Männern, die im Völkerrecht festgeschrieben ist und unsere gemeinsamen Anstrengungen, diese Idee für alle Menschen wahr werden zu lassen. Ich feiere auch die wachsende Zahl von Männern, die begreifen, dass Geschlechtergleichheit sowohl Männern als auch Frauen zugute kommt und die daran arbeiten, Gewalt und Diskriminierung zu verhindern. Das Thema des diesjährigen Internationalen Tags der Frau - "Frauen und Männer vereint zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen" - ist nicht nur eine Anerkennung, sondern auch ein Aufruf zum Handeln, um die globale Kampagne des UNO-Generalsekretärs zu unterstützen.
Es gibt Zeichen des Fortschritts: Frauen sitzen in den Parlamenten, sind Staatsoberhäupter, Richterinnen an den obersten Gerichtshöfen und arbeiten bei den Vereinten Nationen. Heute sehe ich überall auf der Welt Mädchen, die mit anderem Selbstbewusstsein aufwachsen als ich und die meisten meiner Generation. Diese Mädchen und Frauen sind stark - sie sagen nein zu verabscheuungswürdigen Taten wie Zwangsverheiratung von Kindern, Verstümmelung weiblicher Genitalien und sexueller Belästigung. Sie wollen eine gute Ausbildung. Sie wollen die Welt verändern, in der sie leben. Ich weiß, sie werden es, und ich feiere all jene jungen Frauen am Internationalen Tag der Frau. Sie sind unsere Zukunft.
tribuene@wienerzeitung.at