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Die jüngeren und die älteren Alten

Von Sissi Eigruber

Wirtschaft

Die Wirtschaft entdeckt das wachsende Marktsegment der älteren Menschen. Da oft schon die ab 50-Jährigen als Senioren bezeichnet werden und die Lebenserwartung dieser Generation derzeit bei durchschnittlich 80 Jahren liegt, umfasst dieses Marktsegment somit eine Lebensspanne von 30 oder mehr Jahren. Doch in drei Jahrzehnten ändert sich viel - wer "die Senioren" ansprechen will, sollte daher genauer differenzieren.


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Aus dem Seniorenbericht 2000 des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen geht hervor, dass rund 10% der älteren Menschen in Österreich als armutsgefährdet gelten, etwa 2% dürften von akuter Armut betroffen sein. Anderseits gibt es unter den Älteren aber auch ein sehr finanzkräftiges Segment.

Das verfügbare Haushaltseinkommen der Menschen über 50 ist heute höher ist als je zuvor. Das ergab eine Untersuchung von Susanne Hackl-Grümm vom Psychotechnischen Institut Wien. Die Kinder sind aus dem Haus, und zusätzlich zur Pension können viele auf Ersparnisse zurückgreifen. Ein Viertel der über 50-jährigen verfügt über ein monatliches Haushaltseinkommen von mehr als 29.000 Schilling netto, so Hackl-Grimm im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Die jährlichen Konsumausgaben der über 50-jährigen betrugen 1997 über 250 Mrd. Schilling, das geht aus der Schrift "Kommunikationspolitik für Senioren" von Susanne Fischer (Institut für Absatzwirtschaft und Warenhandel - Universität Wien) hervor. Doch die Bedürfnisse der Älteren sind unterschiedlich - wer also an dem Konsum-Kuchen der Senioren mitnaschen will, sollte sich eine genauere Zielgruppenausrichtung überlegen.

Von den aktiven und den resignierten Senioren

Fischer hat entsprechend den Merkmalen und Bedürfnissen älterer Konsumenten vier Zielgruppen erarbeitet: die "aktiven 'neuen' Senioren", die agil sind, über einen hohen Bildungsstand und ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen. Die "Sicherheits- und gemeinschaftsorientierten Senioren" leben eher zurückgezogen und bescheiden. Die "pflichtbewusst-häuslichen Senioren" legen Wert auf Sparsamkeit und häusliche Umgebung. Zu den "resignierten Senioren" gehören jene Menschen, die mit Gesundheitsproblemen und Einsamkeit kämpfen und die über das niedrigste Einkommen verfügen.

Die dritte und die vierte Generation

Eine etwas einfache Segmentierung trifft der Seniorenbund: Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung hätten die Menschen eine ganze Generation gewonnen, beschreibt ÖVP-Seniorenbundsprecher Gerhart Bruckmann. Diese neue 3. Generation seien Menschen, die zwar aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, jedoch noch mit beiden Beinen voll im Leben stehen.

"Vitale Genießer" und "Altersflüchtlinge"

Hackl-Grümm definiert mit den "vitalen Genießern" und den "Altersflüchtlingen" zwei besonders konsumorientierte Zielgruppen, die insgesamt 65% des Marktes der über 50-jährigen repräsentieren. Diese beiden Gruppen kaufen das, was ihnen gefällt und können es sich auch leisten. Wohingegen die ebenfalls interessierten, aber finanziell schlechter gestellten Käufer als "Traditionelle" und "Deprimierte" klassifiziert werden.

Wofür geben "die Senioren" am liebsten ihr Geld aus?

Freizeit und Urlaub stehen auf der Konsumliste ganz oben, das kann auch Katja Polajnar vom Österreichischen Verkehrsbüro betätigen: Die Reisewünsche der Senioren reichen "von der Kreuzfahrt bis zum Skiurlaub. Besonder beliebt sind auch Studienreisen". Am wichtigsten sei dabei immer die Qualität. Als "Senioren" wollen sie allerdings nicht angesprochen werden, was in einer derart jugendorientierten Gesellschaft nicht weiter verwunderlich ist.

"Es gilt nicht mehr, dass diese Menschen grundsätzlich pflegbedürftig und arm sind", verdeutlicht der Marketingexperte Wolfgang Wiedermayr. Allein in den Wiener Einkaufsstraßen geben die Senioren pro Jahr 5 bis 10 Mrd. Schilling aus. Der Wiener Handel will sich in Zukunft mehr auf die Bedürfnisse der Älteren einstellen. Dazu werden bei der "Senior aktuell" (siehe Kasten unten) die Besucher um ein kurzes Interview gebeten. "Wir wollen von den Betroffenen wissen, was sie sich an Service von den Wiener Einkaufsstraßen wünschen", so Helmut Mondschein, Leiter des Marketingbüros der Einkaufsstadt Wien.