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Es gibt im Nationalrat fünf Fraktionen und einen Managerklub, der nicht im Rampenlicht steht. Dennoch laufen in ihm alle Fäden zusammen. Die Mitglieder nennen sich Klubdirektoren. Jede
Parlamentsfraktion hat einen. Und gemeinsam bilden sie ein Gremium, das sich die Klubdirektoren-Konferenz nennt. Die Regisseure des parlamentarischen Geschehens treffen sich wöchentlich.
In jedem Klub agiert ein Direktor, der die Fraktionsfäden zieht. Für die Opposition: Felix Ehrnhöfer bei den Grünen, Maria-Luise Häusler bei den Liberalen und Josef Moser bei den Freiheitlichen. Auf
Regierungsseite: Werner Zögernitz für die Volkspartei und bei den Sozialdemokraten Günther Hofbauer.
Die Klubdirektoren treffen sich meist ob der Geräumigkeit des Büros beim sozialdemokratischen Direktor Günther Hofbauer. Meistens herrscht gute Stimmung bei diesen Meetings. Die Klubmanager erstellen
den politischen Fahrplan des Nationalrates: Sie bereiten die Tagesordnung für die Plenarsitzungen vor, die danach von der Präsidialkonferenz des Nationalrates festgelegt wird. Sie sind eine Art
juristische Souffleure für ihre politischen Chefs, sie sind die Personalchefs in ihren Klubs und sie verwalten auch deren Budgets. Sie sind quasi auf eine Arbeitsverfassung vereidigt, die sich
Geschäftsordnung nennt. Ihr Credo: Die parlamentarische Demokratie steht über der Parteipolitik.
Grüne im Dachgeschoß
Im Dachgeschoß logiert der Jurist Felix Ehrnhöfer und moderiert das Geschehen zwischen Klub, Ausschüssen und Plenum. Der schmale Gang zu seiner Büro-Kammer dient als Archiv-Ablage und auf den
Stellagen stehen die Ordner, nach Sachthemen geordnet. Ehrnhöfer kommt darauf zu sprechen. Der grüne Klub habe sich im Laufe der Jahre immer mehr zu einer Art Denkfabrik entwickelt. Es bleibt uns
keine andere Wahl, bedauert Ehrnhöfer, denn die großen Parteien haben Zugriff auf die Datenbanken der Ministerien und der Bundesverwaltung. Wir können nur mühsam deren Informationsvorsprung
ausgleichen.
Nicht anders die Situation im Klub des Liberalen Forums · beengt wie die Grünen. Maria-Luise Häusler ist eine Insiderin. Die Juristin arbeitete sich von der Parlaments-Stenografin zur Chefmanagerin
der LIF-Fraktion nach vorne. Kettenraucherin und alleinerziehende Mutter und am Puls des Liberalen Forums. Häusler sinniert manchmal über Schein und Sein des Parlamentarismus. Sie spricht offen über
ihre Befindlichkeit. Über ihre Wahrnehmung, was hinter den Kulissen passiert und wie es nach außen dargestellt wird, darüber spricht sie gelassen, mit einem Schuß Ironie · doch zynisch sei
sie im parlamentarischen Routine-Betrieb nicht geworden. Sie glaubt, auch für ihre Kollegen sprechen zu können und sagt, es gehe um mehr als um persönliches Befinden, es gehe um die funktionierende
parlamentarische Demokratie.
Der FPÖ-Parlamentsklub. Umgebaut, ganz im Stil eines Zeitgeist-Lokals, holzvertäfelt und eine Empfangsecke mit dem Flair einer Innenstadt-Bar. Josef Moser ist geschäftig, man begegnet ihm im FPÖ-Klub
überall. Der Kärntner war Jörg Haiders Büro-Chef während dessen erster Amtszeit als Landeshauptmann. Moser weiß von damals, wie die Macht schmeckt. Nun aber befindet er sich in der Rolle eines
oppositionellen Kabinettschefs. Er ordnet seine Möglichkeiten und seine reale Reichweite in das Gesamtmosaik der freiheitlichen Opposition ein. Seine Texte und juristischen Regieanweisungen werden
dann im Plenum nicht immer in Zimmerlautstärke vorgetragen. Für Moser: Eine Gratwanderung zwischen Radikal-Opposition und seriösem Parlamentarismus.
Das Selbstbewußtsein der Macht
Lange Korridore führen zu den Regierenden. Dort trifft man spürbar auf Selbstbewußtsein im Job des Klubdirektors. Bei der Volkspartei agiert Werner Zögernitz in seinem Milieu. Er ist der
juristische Spitzenmann im ÖVP-Klub und die erste Adresse im Nationalrat, wenn es um die Auslegung der Geschäftsordnung geht. Von Zögernitz stammt der aktuelle Kommentar zur Nationalrats-
Geschäftsordnung. Werner Zögernitz ist mehr als nur ein Klubdirektor, er sitzt im Koalitionsausschuß, er muß zwischen Regierung und Klub pendeln und koordinieren. Zögernitz ist zweifellos die Nummer
1 im Vorfeld parlamentarischer Initiativen seiner Partei, freilich, wenn es dann um die Durchsetzung der Politik geht, da muß er in der zweiten Reihe bleiben.
Der Klub der Sozialdemokraten. Richtung Reichsratsstraße. Politischer Direktor Günther Hofbauer sitzt in einem Büro, das als Beispiel gelungenen Innen-Umbaues gilt. Er will als Sozialdemokrat die
Geräumigkeit seines Arbeitsalltags nicht genießen. Dabei bleibt ihm ja gar nichts anderes übrig, als in diesem quasi Penthouse parterre zu arbeiten. Hofbauer, ein Liebhaber der bildenden Kunst,
begann seine Parlamentskarriere gemeinsam mit Heinz Fischer, als Bruno Kreisky noch Oppositionsführer war. Der SPÖ-Klubdirektor versteht sich auch als politischer Nachdenker. Hofbauer aber besitzt
die Fähigkeit, sich in der Hierarchie des Regierungsklubs zurückzunehmen. Seine Selbstbeschreibung: Ich sehe meine Funktion als Transmissions-Riemen zwischen Regierung, Klub und Plenum.
Ein vertrautes Terrain
Aufmerksame Besucher sehen im Plenum Akteure hin- und hereilen. Meist handelt es sich um die Klubdirektoren. Sie sind bei Sitzungen zur Stelle, wenn es um die Auslegung der Geschäftsordnung geht.
Sie bewegen sich im Plenum auf vertrautem Terrain und geben ihren Abgeordneten Halt, wenn das politische Parkett juristisch glatt wird.
So sehr unter den Klubdirektoren amikale und kollegiale Stimmung herrscht, so sehr dämpfen die Realpolitik und ihre Spielregeln das Miteinander. Im Wettbewerb der parlamentarischen
Initiativen bleiben gelegentlich Unterstellungen nicht aus, wonach die Regierungsseite die Opposition auszutricksen versuche. In diesem Punkt klagen FPÖ, Grüne und LIF unisono:
Die Regierungsparteien wollen ihre Vorhaben um jeden Preis durchsetzen. Nun, das liegt vorwiegend an der Tatsache, daß diese im Parlament über die absolute Mehrheit verfügen, daher nicht wirklich
verhandeln müssen und manchmal auch nicht wollen, wie die Oppositions-Klubdirektoren kritisieren.
Plattform der Vernunft
Die Klubmanager der Regierungsparteien verfallen ob dieser Mutmaßungen gelegentlich in melancholisches Grübeln. Werner Zögernitz wirft einen Blick zurück, als seine Partei in der Opposition war,
und er sagt, er wisse daher, wie wichtig parlamentarische Minderheitsrechte sind. Er sagt, er sei seinen früheren Oppositionserfahrungen treu geblieben. Günther Hofbauer auf der SP-Seite gibt sich
überhaupt genügsam. Er würde als Klubdirektor auch in der Opposition mit der geltenden Geschäftsordnung das Auslangen finden und beruft sich auf seine Erfahrungen zu Kreiskys Zeiten.
Die Klubdirektoren sind im Hohen Haus fast allgegenwärtig. Alle bestätigen das gemeinsame Selbstverständnis: Sie verstehen sich nicht nur als Diener ihrer Klubherren, sondern als überparteiliche
Arbeitsgruppe, in der die menschliche Chemie stimmt.Õ
Berndt Ender ist Mitarbeiter der ORF-Parlamentsredaktion