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Die Justiz schließt die Reihen

Von Werner Reisinger

Politik

Justiz-Generalsekretär Pilnacek verteidigt die Staatsanwaltschaft, übt aber weiter Kritik am Innenministerium.


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Wien. Ein zwiegespaltener Generalsekretär des Justizministeriums und eine wortkarge und um Verteidigung bemühte Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft standen dem BVT-U-Ausschuss am Mittwoch Rede und Antwort.

Christian Pilnacek, Generalsekretär und damit höchster Beamter des Justizressorts, zieht sich in seiner Befragung auf eine eigentlich widersprüchliche Position zurück: Die Verdachtslage sei für die ermittelnden Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) prinzipiell gegeben gewesen, auch hätten die weiteren Ermittlungen nun gezeigt, das sich in einigen Fällen die Verdachtslage sogar verdichtet habe. Deshalb seien die Ermittlungen grundsätzlich richtig gewesen.

Andererseits lässt Pilnacek auch jetzt kein gutes Haar an der Art und Weise, wie genau die Aktion am 28. Februar vorbereitet und durchgeführt wurde. Er habe sich vor allem erwartet, "dass der Dienstweg eingehalten wird", sagt Pilnacek zu den Kontakten zwischen dem Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, und Ursula Schmudermayer, der fallführenden WKStA-Staatsanwältin. Er hätte es "für angemessen empfunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet".

"An Rechtsprechung gebunden"

Ob es üblich sei, dass Zeugen vor ihrer Einvernahme besprochen werden, wie dies im Kabinett
von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl der Fall gewesen sei, will Stephanie Krisper von den Neos wissen. "Frau Abgeordnete, in diesem Fall ist wenig üblich", erwidert Pilnacek.

Welche Vorgehensweise hätte er selbst bevorzugt? "Das ist schon wieder so eine Was-wäre-wenn-Frage." Seine Einschätzungen seien nicht entscheidend, hält er mehrmals fest. Maßgeblich sei vor allem das Urteil des Wiener Oberlandesgerichts, "das hat zur Bewilligung der Razzia ohnehin alles gesagt, was zu sagen ist".

Das OLG Wien verurteilte, bis auf einen Fall, die Hausdurchsuchungen in der BVT-Zentrale und auch in den Privatwohnungen von Beschuldigten BVT-Beamten als rechtswidrig. "Als Ministerialbeamter bin ich an die Rechtssprechung gebunden", sagt Pilnacek.

Es ist ihm sichtlich unangenehm, von den Abgeordneten mehrmals einerseits seine eigenen Aussagen zum Ablauf der Hausdurchsuchungen, andererseits Protokolle aus der nachfolgenden Dienstbesprechung mit der WKStA und weiteren dienstlichen Schriftverkehr vorgehalten zu bekommen. Einen "Skandal" hat er laut Sitzungsprotokoll die Vorgangsweise von Goldgruber genannt. "Wer mich kennt, kennt auch die Emotionalität, die bei mir manchmal zutage tritt", sagt der Justiz-Generalsekretär.

Auch seine E-Mails an Ilse-Maria Vrabl-Sanda, die Leiterin der WKStA und zweite Auskunftsperson am Mittwoch, seien "in zeitlicher Nähe zum Vorgang" zu verstehen. "Liebe Ilse-Maria, ich bekomme recht massive Vorwürfe, von intern und auch von höchster Ebene aus dem BMI gegen meine Person", schrieb Pilnacek kurz nach den Hausdurchsuchungen Anfang März an die WKStA-Chefin. "Es war insgesamt eine aufgeregte Situation, sowohl bei uns als auch im BMI, um den Vorfall so zu erklären, dass es nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch in der Öffentlichkeit verstanden wird", sagt Pilnacek heute.

Ob denn mit einem Amtshilfe-Ersuchen auch die Beweismittelbeschaffung in den Privatwohnungen der Beschuldigten BVT-Beamten möglich gewesen sei, will die FPÖ wissen. Pilnacek verneint. Von den anderen Fraktionen muss er sich sein Ausrücken in der Zeit nach der Hausdurchsuchung vorhalten lassen.

Sowohl was die beschlagnahmte Datenmenge als auch was den Ablauf der Razzia angeht, habe er damals mehrfach und nachweislich die Unwahrheit gesagt. "Ich habe mich dabei immer auf den Stand der mir erstatteten Berichte bezogen. Auch, dass sehr wohl klassifizierte Datenträger mitgenommen worden sind und dass dieses Vorgehen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen könnte, habe er "erst 14 Tage später" nachvollziehen können. Im Büro der Leiterin des Extremismus-Referats, Sibylle G. (sie wird im Verfahren nur als Zeugin geführt), wurde beispielsweise eine DVD des deutschen Verfassungsschutzes mit Fotos vom sogenannten Ulrichsberg-Treffen im Jahr 2015 beschlagnahmt. Erst Wochen später erhielt G. ihre Materialien zumindest teilweise zurück. Dass Rechtsextremismus-Materialien beschlagnahmt worden waren, hatte Pilnacek in den ersten medialen Stellungnahmen ebenfalls zurückgewiesen. Als Konsequenz der Causa habe er veranlasst, dass vor der Anwendung von Zwangshandlungen, wie eben Hausdurchsuchungen, auch die WKStA künftig das Ministerium informieren muss.

Kein Durchdringenbei Vrabl-Sanda

"Die WKStA agiert immer rechtskonform. Das ist mir wichtig, festzuhalten", sagt danach Ilse-Maria Vrabl-Sanda in ihrem Eröffnungsstatement. Weil sie die "Gefahr einer allfälligen Umkehrung in der Öffentlichkeit" sehe, richtete die WKStA-Chefin einen Appell an selbige: "Wir wollen keine Staatsanwaltschaft, die wegen eines öffentlichen Interesses von der Verfolgung absieht. Es wäre daher wünschenswert, dass man dieser Staatsanwaltschaft den Rücken stärkt." Genau das versuchte Vrabl-Sander während ihrer Aussage nach Kräften. Eine Instrumentalisierung der WKStA durch das Kabinett Kickl wies sie von sich. Das Wort "Ermittlungsdruck" sei in ihrer Behörde mittlerweile das Unwort des Jahres.