Parteiakademien zwischen Funktionärs- und allgemeiner Bildung.
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Wien. Wenn das Team Stronach kommende Woche voraussichtlich den Klubstatus im Parlament verliehen bekommt, ist Zahltag angesagt. Dann nämlich steht dem politischen Gefolge von Frank Stronach Parteienförderung über 1,4 Millionen Euro zu. Doch damit nicht genug: Ab fünf Nationalratsabgeordneten stehen einer Partei nämlich Förderungen für "staatsbürgerliche Bildungsarbeit" durch eine Parteiakademie zu. Im Fall Stronach wären das nochmals rund eine Million Euro.
Ein Umstand, über den Politikwissenschafter Hubert Sickinger nicht besonders glücklich ist: "Da bekommen Parteien Geld, die noch nie bei einer Wahl kandidiert haben." Sickinger, Experte für Parteienfinanzierung, fände ein System besser, das nicht auf der Mandatarszahl, sondern auf der Zahl der Wählerstimmen basiert.
Gegen die Förderung der Akademien hat Sickinger nichts einzuwenden: "Die Parteien brauchen ein innerparteiliches Bildungssystem." Die Parteiakademien also als reine Kaderschmieden und Ausbildungszentren der Parteien? Dagegen verwehren sich die Direktoren der Institute vehement, wie ein Rundruf der "Wiener Zeitung" zeigt.
"Unser Angebot richtet sich an die interessierte Öffentlichkeit", erklärt etwa Andreas Novy von der Grünen Bildungswerkstatt. Auch Karl Duffek vom Dr.-Karl-Renner-Institut der SPÖ, Peter Danich, stellvertretender Direktor der Politischen Akademie der ÖVP (Polak), Klaus Nittmann vom FPÖ-Bildungsinstitut FBI und Markus Fauland von der BZÖ-Zukunftsakademie betonen den öffentlichen Charakter ihres Bildungsangebots. Dieses umfasst etwa Vorträge, Seminare und Exkursionen. Und die erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Trotz grassierender Politikverdrossenheit steigt das Interesse an Politik. "Man muss versuchen, diese Stimmung durch Informationen zu lenken", sagt Peter Danich. "Besser die Stimme erheben, als daheimzubleiben."
Andreas Novy sieht die Parteiakademien als Brücken zwischen Politik und Zivilgesellschaft, als Orte des Austauschs. Er ortet in der Politik Abschottungstendenzen, andererseits viel Unwissen über die Tätigkeit der Politik. Um hier zu vermitteln, seien die Akademien wichtiger denn je.
Angebote nicht nurfür Funktionäre
Für Klaus Nittmann vom FBI dienen die Parteiakademien auch dazu, "abseits von Parteipropaganda über die Standpunkte einer Partei zu informieren". Natürlich sei das FBI FPÖ-nah, "wir informieren aber nicht in werblicher Absicht". So erreichte die FPÖ mit ihrem Bildungsangebot im Vorjahr rund 7000 Interessierte. "Wir suchen die breite Masse und sind nicht so elitär wie das Renner-Institut", sagt Nittmann. Allerdings nahmen bei den 105 Veranstaltungen des roten Bildungsinstituts sogar 15.000 Personen teil. Angesichts solcher Zahlen will niemand von reiner Funktionärsausbildung reden. "Das ist in Relation ein sehr kleiner Teil", sagt Duffek.
Trotzdem gehören einschlägige Kursangebote zum Fixprogramm jeder Parteiakademie. Dort können sich die Funktionäre ihr Rüstzeug für die politische Alltagsarbeit holen. Klassiker (und nicht nur für Parteimitglieder sondern alle Interessierten offen) sind natürlich Rhetorik-, Kommunikations- und NLP-Seminare sowie Medientraining, allerdings werde vermehrt auch der Umgang mit neuen Medien nachgefragt - alles natürlich vor dem ideologischen Hintergrund der jeweiligen Partei. Die ÖVP ist übrigens die einzige Partei, die ihre Funktionäre statutarisch zur Fortbildung verpflichtet. Mandatare müssen jährlich nachweisen, dass sie drei Tage fachspezifische und drei Tage allgemeinpolitische Weiterbildung absolviert haben.
Von einer solchen Verpflichtung hält Karl Duffek wenig: "Wenn das Angebot zielgenau und interessant ist, kommen die Leute auch so." Vor allem auf kommunaler und Bezirksebene sei die Nachfrage in den letzten Jahren deutlich gestiegen, "auch weil das politische Geschäft komplexer geworden ist", so Duffek. So gebe es am Renner-Institut seit drei Jahren Kurse für Kommunalpolitiker zu Integration, "die werden regelrecht gestürmt".
Neben öffentlicher Bildung und Funktionärsausbildung dienen die Akademien den Parteien auch als programmatische Thinktanks. Das ist für Karl Duffek vom Renner-Institut auch eine der wesentlichen Aufgaben der Parteiakademien: "Es ist wichtig, die unterschiedlichen Positionierungen der Parteien transparent zu machen."
Allerdings sehen sich die Akademien seit vier Jahren "systematischen Kürzungen" ausgesetzt, klagt Andreas Novy. Tatsächlich wurde die Akademienförderung seit 2009 um elf Prozent auf immer noch beachtliche 10,5 Millionen Euro gekürzt. Und die Einschnitte gehen weiter: 2013 soll es um 6,5 Prozent weniger Geld geben, 2014 um 7,2 Prozent. Gleichzeitig wurde die normale Parteienförderung kräftig erhöht, kritisiert Politikwissenschafter Sickinger: "Den Parteien ist Cash, das sie für Wahlkämpfe ausgeben können, lieber als langfristige Investitionen."
Der Rechnungshof schützt vor unsittlichen Wünschen
Das Geld der Parteiakademien ist zweckgewidmet und daher für die sonstige Parteiarbeit praktisch tabu. "Allzu ungeniert darf man sich nicht daran vergreifen", sagt Sickinger. Auch wenn es immer wieder Versuche gibt, sei es, dass man Parteiveranstaltungen von der Akademie bezahlen oder das parteieigene Bildungsinstitut großzügig in Partei-Publikationen inserieren lässt.
Allerdings unterliegen die Akademien (im Gegensatz zu den Parteien) der Kontrolle des Rechnungshofs, was "unsittliche Wünsche an die Akademien", wie Klaus Nittmann sagt, einigermaßen unterbindet. "Der Rechnungshof dient als Hitzeschild der Parteiakademien", sagt Sickinger. Derzeit läuft gerade wieder eine Prüfung der Akademien, inhaltlich könne man aber noch nichts sagen, erklärt eine Rechnungshof-Sprecherin.
Parteiakademien:
Renner-Institut (SPÖ)
Khleslplatz 12, 1120 Wien
Tel.: 01/804 65 01-0
www.renner-institut.atPolak (ÖVP)
Tivoligasse 73, 1120 Wien
Tel.: 01/814 20-0
www.polak.atFBI (FPÖ)
Friedrich-Schmidt-Platz 4, 1080
Tel.: 01/512 35 35-0
www.fpoe-bildungsinstitut.atGrüne Bildungswerkstatt
Rooseveltplatz 4-5, 1090 Wien
Tel.: 01/526 91 11
www.gbw.atZukunftsakademie (BZÖ)
Volksgartenstraße 3, 1010 Wien
Tel.: 01/524 06 53
www.zaoe.at