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Die Karibik-Verluste waren teurer als die PSK - aber nicht Chefsache

Von Wolfgang Zaunbauer

Analysen

"Ich war mit den Details der Geschäfte nicht vertraut", diesen Satz hat Helmut Elsner gebetsmühlenartig wiederholt, sobald es darum ging, seine Rolle in den Karibik-Geschäften der Bawag mit dem Finanzjongleur Wolfgang Flöttl herunterzuspielen. Die Geschäfte mit Flöttl hätten höchstens ein Prozent seiner Arbeitszeit beansprucht, sagte der frühere Bawag-Boss vor Gericht. Zu Beginn des Prozesses gab er an, alleine ein Zehntel seiner 60-Stunden-Arbeitszeit für seine Aufsichtsratsfunktionen (Lotterien, AUA) aufgewendet zu haben. Für die Karibik-Geschäfte investierte Elsner pro Woche hingegen nur gut 36 Minuten.


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Als Generaldirektor habe man sich um wichtigere Dinge zu kümmern, etwa um die Übernahme der Postsparkasse. Diese gelang schließlich im Jahr 2000. Kostenpunkt: 17 Milliarden Schilling. Im selben Jahr erlitt Flöttl zum dritten Mal Schiffbruch mit Bawag-Geldern. Kostenpunkt: 19 Milliarden Schilling. Angesichts dieser Zahlen hätte ein Generaldirektor jedenfalls von der Devise "Dafür haben wir doch Personal" abrücken und die Karibik-Geschäfte zur Chefsache erklären müssen. Doch das tat er nicht - so versuchte er es zumindest dem Gericht zu vermitteln. Natürlich weiß Elsner genau: Je mehr er mit der Sache zu tun hat(te), desto stärker gerät er in dem Verfahren unter Druck.

Daher seine Linie: Während er sich dem PSK-Kauf widmete (was offensichtlich so gut wie jeder in der Bawag tat), überließ er die Karibik-Deals - ja, wem eigentlich? Johann Zwettler, zuständig für Beteiligungen? Peter Nakowitz, Generalsekretär und Pressesprecher? Einem der anderen Vorstände? Nun, irgendwie will keiner etwas damit zu tun gehabt haben. Keiner will die Anweisungen gegeben haben, Schilling-Milliarden an Flöttl zu überweisen. Schließlich habe ja auch keiner eine Ahnung von solchen Dingen (Investments auf internationalen Märkten) gehabt, hört man immer wieder. Sonst hätte man Flöttl ja gar nicht gebraucht.

Viele Fragen sind offen: Wieso hat es die Bawag in 13 Jahren, in denen mit Flöttl Geschäfte gemacht wurden, nicht geschafft, eigene Spezialisten aufzubauen? Wieso gab es keine klare Kompetenzen? Wieso soll jemand glauben, dass ein als so autoritär bekannter Chef wie Helmut Elsner nicht weiß, was in seiner Bank vorgeht, und dass er es zulässt, dass überhaupt niemand irgendetwas weiß.

Ein weiterer fragwürdiger Aspekt: Nach den Verlusten von 1998 und 1999 wurde an Flöttl festgehalten, da sein Verschwinden von den Märkten zu Gerede und zu einem Skandal und in der Folge zu einem Run auf die Bank geführt hätte. Im Jahr 2000 waren diese Befürchtungen plötzlich weg und die Beziehungen zu Flöttl wurden abgebrochen.

Vielleicht bringen ja die Zeugen, die nun in der nächsten Runde gehört werden, Licht in die Sache. Vor allem die Sachbearbeiter werden sich hoffentlich erinnern, wer ihnen wann welche Aufträge erteilt hat.