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"Bilder Wunder Kinder - die Botschaft verstehen" heißt eine Ausstellung, die das NÖ-Heilpädagogische Zentrum Hinterbrühl zusammengestellt hat und die derzeit im Regierungsviertel in St. Pölten zu sehen ist. Die Ausstellung gibt einen Einblick in die mehr als 40-jährige Erfahrung der "Hinterbrühl" mit der Betreuung und Therapie von Kindern mit besonderen Bedürfnissen.
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Über 200 Bilder und Objekte erzählen zum Teil erschütternde Geschichten von verwundeten Kinderseelen. Therapeuten und Betreuer haben die Ausstellungsobjekte wissenschaftlich bearbeitet und beschreiben den psychosozialen Hintergrund der Kinder. So erhält der Betrachter die Möglichkeit, die Bilder nicht nur rein intuitiv zu erfassen, sondern auch besser zu verstehen. Die Bilder und Objekte gewähren einen Einblick in das Seelenleben von Kindern, die für das, was sie bewegt oder ihnen widerfahren ist, keine Sprache haben. Mit den Bildern lassen uns die Kinder teilhaben an ihren innersten Geheimnissen, Nöten, Wünschen und Sehnsüchten.
Das Malen als eine andere, nonverbale Art der Kommunikation ist ein fester Bestandteilteil in der Kindertherapie. "Nichts in diesen Bildern ist zufällig oder ohne Bedeutung," erklärt die Psychotherapeutin Rotraut Erhard, die für die wissenschaftliche Leitung der Ausstellung verantwortlich zeichnet. Seelische Inhalte werden beim Malen durch die Auswahl von Farben, Formen und Materialien oder die Bildeinteilung transportiert. Der Therapeut kann durch das Erkennen von Strukturen und Gesetzmäßigkeiten aus den Bildern lesen, was das Kind durch Sprache nicht auszudrücken vermag. Das Vokabular zur Entschlüsselung lässt sich zum einen aus der Fachliteratur herleiten, zum anderen hat die langjährige Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen im Heilpädagogischen Zentrum Hinterbrühl wesentliche Erkenntnisse gebracht.
In der Ausstellung sind Bilder und Objekte nach Symptomen und Themenkreisen wie Einnässen, Einkoten, Hyperaktivität, Aggressivität, Flüchtlingskind, Misshandlung, Missbrauch, Angst und Tod geordnet und bearbeitet. Es gibt sowohl einen Katalog als auch eine das Thema umfassend behandelnde CD-Rom zur Ausstellung.
Es ist sicherlich keine Ausstellung für jemanden, der rasch und unkompliziert eine Schau konsumieren will. Auch sind die Bilder - so harmlos manchen auch aussehen mögen - nicht das was man sich gemeinhin unter Kinderbildern vorstellen mag. Für Rotraut Erhard sind viele der Bilder ohnehin als Kunst zu werten, wenn man davon ausgeht, dass Kunst abstrahiertes Darstellen von komplexen Inhalten meint. Die Diskussion darüber, ob lediglich Erwachsene imstande sind, Kunst zu produzieren, ist für sie schon lange überfällig.
Mit dieser Ausstellung werden die symbolischen Botschaften dieser Kinder einem größeren Kreis von Menschen anvertraut, in der Überzeugung, dass sich viele Menschen von den Bildern bewegen lassen und damit mehr Verständnis für die Kinder und letztendlich auch für sich selbst gewinnen. Das ist nach meinem Dafürhalten auch gelungen. Schon nach kurzer Zeit kann man selbst erkennen, welche Motive wiederkehren, welche Symbole wofür stehen und zu interpretieren versuchen.
Typisch für die Bilder hyperaktiver Kinder ist etwa, dass sich das Kind selbst immer als im Raum umherfliegend ohne Bodenkontakt darstellt. Fehlende Hände oder zu kurze Arme sind wiederum ein Hinweis für Handlungsunfähigkeit. Mit ein wenig Bereitschaft, sich in die Welt der Kinderseele einzulassen, erfährt der sensible Betrachter, wovor sich Kinder fürchten, was sie bewegt, was ihnen Schmerzen bereitet, was Freude. Es sind Bilder, die im Gedächtnis haften bleiben, sie erzählen von Schicksalen, die unvorstellbar erscheinen und deshalb lange nachklingen.
Die Ausstellungsräume in der Galerie "ausstellungsbrücke" im Regierungsviertel in St.Pölten sind nicht leicht zu finden und Wegweiser finden sich erst, wenn man schon davor steht. Trotzdem lohnt es sich, hartnäckig danach zu suchen.
Die Ausstellung ist noch bis 23. November von Montag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, sowie am 2. und 15. November. Führungen finden immer Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag um 15 Uhr statt, Samstag auch um 11 Uhr und gegen telefonische Voranmeldung. Für Einzelbesucher steht ein Audioguide zur Verfügung. Tel: 02236/22673, E-Mail: hp.stat@noehpz.at; Internet: http://www.noehpz.at