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Die Kirche erhebt wieder ihren Finger

Von Walter Hämmerle (Analyse)

Politik

Absage an die Zurückhaltung in der Vergangenheit. | Wien. Jahrzehnte war die Kirche bemüht, sich aus parteipolitischen Streitfragen herauszuhalten. Was den einen kluge Zurückhaltung war, erschien den anderen als Feigheit vor klaren, aber unbequemen Positionen. Wie dem auch sei: Mit dieser Haltung der katholischen Kirche scheint es vorerst vorbei zu sein. Immer mehr kirchliche Würdenträger positionieren sich mit kantigen Sagern in tagespolitischen Auseinandersetzungen.


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Jüngstes Beispiel sind der St. Pöltener Familienbischof Klaus Küng und der streitbare Salzburger Weihbischof Andreas Laun. Letzterer erklärte kürzlich sogar Baumeister Lugner für exkommuniziert, weil dieser in seinem Einkaufszentrum eine Abtreibungsklinik toleriere. Neben diesem Dauerbrenner steht in diesen Tagen allerdings das Thema Kinderbetreuung im Vordergrund.

Hier fordern beide eine Absicherung von Müttern über ein Müttergeld, auf dass diese in den ersten Lebensjahren bei den Kindern bleiben können. Damit erteilt die Kirche den Bemühungen aller Parteien nach einem Ausbau der Kinderbetreuung zwecks besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine zwar indirekte, dennoch aber wenig verklausulierte Absage.

Immerhin bedienen sich die beiden Hirten nicht der Terminologie ihres deutschen Amtsbruders, Bischof Walter Mixa: Der sieht Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes wieder in den Beruf einsteigen, zu "Gebärmaschinen" degradiert. Seitdem gehen die Wogen in Deutschland hoch - vor allem als SPD-Chef Beck den Bischof mit einem kastrierten Kater verglich.

Auch Bischöfe müssen sich aber fragen lassen, wie ihre Positionen mit dem Wunsch der meisten Frauen in Einklang steht - und wie sich Maßnahmen wie ein Müttergeld im Zweifelsfall finanzieren lassen. Dann hätte sie allerdings schon sehr viel Ähnlichkeit mit einer politischen Partei. Ob die Kirche das will?

Familienpolitik ist aber nur ein Bereich, in dem sich die Kirche ungewohnt offensiv in die Schlacht wirft. Ein anderes war bis vor kurzem die Grundsicherung. Hier wagte sich der Linzer Bischof Ludwig Schwarz allerdings zu weit hinaus, als er im Oktober dem SPÖ-Konzept seinen Segen erteilte. In dieser Streitfrage wurde Schwarz allerdings von seinem Grazer Kollegen Egon Kapellari zurückgepfiffen. Der meinte, man möge diese Debatte doch bitte den Parteien überlassen.