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Die Kirsche und das Klima

Von Vilja Schiretz

Politik

Minusgrade im April sind keine Seltenheit. Warum Obstbauern trotzdem immer öfter um ihre Ernte bangen müssen.


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Frost im April ist per se nicht ungewöhnlich. Ein Blick auf die Daten seit Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt laut Hans Ressl, Klimatologe bei Geosphere Austria, "dass Anfang, Mitte April Kältephasen relativ häufig auftreten."

Und doch bereitet der aktuelle Kälteeinbruch den heimischen Obstbauern große Sorgen, in ganz Österreich fielen die nächtlichen Temperaturen diese Woche deutlich unter null Grad. "Wir gehen davon aus, dass es beim Steinobst zu einer massiven Schädigung gekommen ist", mein Manfred Kohlfürst, Landwirt und Präsident des Bundes-Obstbauverbandes. Um den Schaden genau zu beziffern, sei es noch zu früh, wie viele Früchte den Frost überstanden haben, werde sich in den nächsten Wochen zeigen. "Wir hoffen aber, dass es keinen Totalausfall gibt", meint Kohlfürst.

Dass besonders Steinobst, also etwa Marillen, Zwetschken und Kirschen, betroffen sind, hängt mit der Entwicklungsphase zusammen, in der sich diese Obstsorten momentan befinden. Je nach Region stehen die Obstbäume in Blüte, sind gerade abgeblüht oder haben bereits kleine Fruchtknoten ausgebildet. In dieser Zeit ist Frost fatal, schon Temperaturen von minus einem Grad können laut Kohlfürst schwere Schäden anrichten.

Vegetationsstart verschiebt sich nach vorne

Äpfel und Birnen sind in ihrer Entwicklung dagegen noch weniger weit und daher etwas robuster gegenüber der Kälte. Deshalb sei man hier "ein bisschen optimistischer". Denn noch geschlossene Knospen seien besser geschützt, können Temperaturen von minus vier bis minus fünf Grad aushalten. Für ihre weitere Entwicklung werden die Temperaturen in den kommenden Wochen entscheidend sein.

Vor wenigen Jahrzehnten wäre um diese Zeit allerdings auch das Steinobst noch weniger weit entwickelt gewesen. "Im Gegensatz zu vor 30 Jahren haben wir durch den Klimawandel jetzt einen sehr frühen Austrieb", sagt Kohlfürst. "Früher war der Vegetationsstart sicher um zwei Wochen später."

Zum eigentlichen Verhängnis werden dem Obst also die immer höheren Temperaturen in den ersten Monaten des Jahres. Denn vereinzelte Frostnächte treten im April trotz Klimaerwärmung weiterhin auf - nur treffen sie die Pflanzen in jenem späteren Entwicklungsstadium, in dem sie besonders kälteempfindlich sind.

Dass etwa der März immer wärmer wird, bestätigen die Daten von Geosphere. Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts erkennt Ressl einen leichten Anstieg der Temperaturen im österreichischen Flachland. Besonders deutlich sei der Aufwärtstrend aber seit den 1970er Jahren zu beobachten.

Immerhin seien die Landwirte mittlerweile besser auf solche Kälteereignisse vorbereitet, meint Kohlfürst und erinnert an die Situation im Jahr 2016. Damals sorgte Frost Ende April in weiten Teilen Österreichs für fast vollständige Ernteausfälle bei den Obstbauern. Seither hätten viele Landwirte in Frostöfen oder Anlagen zur Frostberegnung investiert. Bei ersterer Methode werden kleine Öfen im Obstgarten platziert, die über Nacht beheizt werden. Bei der Beregnung wird Wasser versprüht, das sich als wärmender Schutzpanzer aus Eis um die Knospen legt.

Allheilmittel sind diese Methoden allerdings nicht: Sie seien nicht nur teuer, sondern die Beregnung auch äußerst wasserintensiv, sagt Kohlfürst. Außerdem müssen die Rahmenbedingungen stimmen, damit der Schutz wirksam ist, Frostöfen erzielen etwa nur bei Windstille den gewünschten Effekt. Frostbedingte Ernteausfälle können Österreichs Landwirte daher weiterhin nicht ausschließen.

Obstbauern gebenBetriebe auf

Bereits jetzt würden solche Ereignisse laut Kohlfürst dazu beitragen, dass Obstbauern das Handtuch werfen oder Betriebe keinen Nachfolger finden. Diese Schwierigkeiten dürften jedenfalls bestehen bleiben: Mit Blick auf den langjährigen Trend sei es wahrscheinlich, dass sich die Entwicklung zu höheren Temperaturen immer früher im Jahr fortsetzen werde, sagt Ressl.