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Die Klagsoffensive des Finanzministers Gernot Blümel

Von Katharina Braun

Recht

War es die richtige Wahl des Verteidigungsmittels?


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Unbestreitbar  ist, dass die Pandemie mit all ihren vielen neuen Problemstellungen unsere Politiker vor eine große Herausforderung  stellt und an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt. Neben Covid-19 gibt es jedoch noch viele andere Themen von Brisanz.

Wie die ehemalige Justizministerin Maria Berger in der ORF-Sendung " Im Zentrum" (Thema Justiz, Behörden, Politik - was ist los in Österreich?) sagte, rechtfertigt die herausfordernde aktuelle Zeit jedoch  keine Art von Rabattgewährung der Staatsanwaltschaft gegenüber Politikern. Finanzminister Gernot Blümel wird  aktuell von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft  als Beschuldigter geführt. Eine Hausdurchsuchung wurde bei ihm vorgenommen. Eine derartige von der Staatsanwaltschaft beantragte Maßnahme bedarf der gerichtlichen Zustimmung.

Ermittelt wird  den Medienberichten zufolge im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 306 STGB, daher Vorteilsannahme zur Beeinflussung eines Amtsträgers, wobei schon das Versprechen lassen strafbar ist.
Diese Thematik ist bekanntlich bereits Gegenstand des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis – blauen Bundesregierung (Ibiza – Untersuchungsausschuss; Protokoll des Finanzministers Gernot Blümel, 1/US XXVII. GP vom 16.7.2016).

Ermittlung heißt nicht Anklage

Untersuchungsgegenstand dieses Ausschusses sind unter anderem allfällige Parteispenden im Gegenzug von Amtshandlungen sowie Postenvergabe.
Wobei die vom Untersuchungsausschuss Angehörten oftmals große Erinnerungslücken aufweisen. Medial für viel Aufsehen sorgte die Erinnerungslücke des Finanzministers, ob dieser einen Laptop besessen hat.

Eine Ermittlung zu führen, bedeutet nicht, dass es tatsächlich zu einer Anklage, geschweige denn zu einer Verurteilung kommt. Wenn an der Sache nichts dran ist, wird das Verfahren eingestellt. Nicht ganz nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund die Klagsoffensive des Finanzministers. Denn laut Medienberichten  soll dieser an die 13 Personen verklagen. Diese Geklagten hätten sich  in ihren Posts nicht an die Unschuldsvermutung gehalten. Bei den Beklagten soll es sich weitgehend um unbekannte Personen handeln.

Ein Facebook Posts unterliegt, was viele User nicht wissen,  dem in die Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen fallenden Mediengesetz. In Betracht kommen folgende Tatbestände des Mediengesetzes, üble Nachrede gemäß § 6 Mediengesetz sowie § 7 b Mediengesetz Verletzung der Unschuldsvermutung.

Üble Nachrede, Beschimpfung, Verspottung und Verleumdung

Wird in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede, der Beschimpfung, der Verspottung oder der Verleumdung hergestellt, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Kränkung. Die Höhe des Entschädigungsbetrages ist nach Maßgabe des Umfangs und der Auswirkungen der Veröffentlichung, insbesondere auch der Art und des Ausmaßes der Verbreitung des Mediums, zu bestimmen; auf die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medieninhabers ist Bedacht zu nehmen. Der Entschädigungsbetrag darf 20 000 Euro, bei einer Verleumdung oder bei besonders schwerwiegenden Auswirkungen einer üblen Nachrede 50.000 Euro nicht übersteigen.

Schutz der Unschuldsvermutung

Wird in einem Medium eine Person, die einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig, aber nicht rechtskräftig verurteilt ist, als überführt oder schuldig hingestellt oder als Täter dieser strafbaren Handlung und nicht bloß als tatverdächtig bezeichnet, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung (§ 8 Abs. 1).

Der Anspruch des Betroffenen besteht jedoch in etwa dann nicht (dies sowohl gemäß  §  6 Abs 2  MedienG als auch §  7  b  Abs 2 MedienG, wenn die Veröffentlich wahr ist oder es sich um die wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung eines Dritten handelt. Nicht nur aber, dass ein  Politiker sich als Person des öffentlichen Lebens mehr an Kritik als ein sogenannter "normaler Bürger" zu gefallen lassen hat,  kommt auch der Meinungsfreiheit eine gewichtige Rolle zu.

Dazu aus der Rechtsprechung

Es gibt wenig Raum für Einschränkungen gegenüber politischer Rede oder Debatten über Fragen von öffentlichem Interesse. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die Freiheit der Meinungsäußerung zwar für jedermann von Bedeutung; in besonderem Maße gilt dies jedoch für gewählte Volksvertreter. Die Freiheit der politischen Debatte ist nach der Rechtsprechung des EGMR das eigentliche Kernstück des Konzepts einer demokratischen Gesellschaft. Die Grenzen akzeptabler Kritik sind daher hinsichtlich eines Politikers dementsprechend breiter als hinsichtlich einer einzelnen Privatperson, wobei es freilich ungeachtet der Heftigkeit der politischen Auseinandersetzung legitim ist, auf ein Minimum an Mäßigung und Anstand zu achten.

Zu beachten ist, dass den Beklagten zudem nicht das Risiko einer allfälligen Unrichtigkeit der Medienberichterstattung auferlegt werden wird können. Denn im  Hinblick auf die zentrale Bedeutung der Medien in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft würde es auf die politische Diskussion einen "chilling effect" haben, wenn Kommentare aufgrund von Medienberichten Sanktionen ausgesetzt wären, falls sich diese Berichte später als unrichtig erweisen. Anderes gilt naturgemäß für den Fall, dass dem Äußernden die Unrichtigkeit der Berichterstattung bekannt war oder leicht erkennbar war.

Diesfalls stehen neben medialer Berichterstattung auch noch  eventuelle Misstrauensanträge im Raum. Auf welche sich die Beklagten in ihrer Verteidigung ebenfalls beziehen werden können.
Jedem Bürger steht es offen, eine Beschwerde gegen eine  staatsanwaltliche Maßnahme, wie eine Hausdurchsuchung, einzulegen sowie Klage, wenn man sich in seinem Ansehen verletzt erachtet,  einzubringen. Diesfalls kam es jedoch noch zu einer parlamentarischen Antrage an das Justizministerium betreffend der Vorgangsweise der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Eine solche steht nicht jedermann zu.

Ein strategischer Fehler?

Es ist zu erwarten, dass die Verfahren betreffend  der User bis zur Beendigung des Ermittlungs/ allenfalls Strafverfahrens  ohnedies unterbrochen werden.  Möglicherweise wäre hier  die Strategie " an der Sache ist nichts dran, wie das Ermittlungsverfahren geben wird" und die Inaussichtstellen von Klagen nach Beendigung des Ermittlungsverfahrens  die geeignetere  Wahl des Verteidigungsmittels. Hinzu kommt, dass die Antwort des Justizministeriums möglicherweise nicht im Sinne der Verteidigung ausfällt und diese dann  für weitere mediale  Befeuerung der Angelegenheit sorgt. Zumal der Öffentlichkeit nicht erkennbar ist, wodurch der in der Anfrage  angeführte Freibeweis erbracht worden sei. Die Eidesstattliche Erklärung stellt einen solchen nicht dar. Die Protokolle der Untersuchungskommission, dies im Zusammenhang mit großen Erinnerungslücken, vermitteln den Eindruck, dass in der Causa noch einiger Aufklärungsbedarf besteht .

Gelegenheit, sich mit der Thematik  fernab des Ermittlungsverfahrens zu beschäftigen, werden dem Finanzminister auch die in Aussicht gestellten Misstrauensanträge bieten.

Negative Optik

Es ist sicherlich wichtig und unvermeidbar, dass Politiker mit Unternehmern im Austausch stehen. Vermieden werden sollte jedoch im Eigeninteresse des Politikers alles was eine negative Optik erzeugt. Im Protokoll vom Untersuchungsausschuss ist viel von Umständen zu lesen, welche geeignet sind eine negative Optik zu erzeugen. So wundert man sich über den Umstand, dass  wichtige Kommunikation zwischen Unternehmensvorständen und politischen Entscheidungsträgern" per sms und WhatsApp geführt wird. Dies zum Teil den Medien zufolge in " Du Form." Wie  Maria Berger  Justizministerin aD "Im Zentrum" Gespräch meinte, wäre jeder Politikers gut beraten bedenklich scheinende Anbote schriftlich zu verneinen.

Im Zusammenhang mit der Causa Blümel kommt um eins mehr die von der Staatsanwaltschaft selbst schon seit längerem geforderte Reformbedürftigkeit der Weisungsspitze der Staatsanwaltschaft zu Tage. Derzeit ist diese im Bundesministerium für Justiz  angesiedelt.

Siehe hierzu das Positionspapier der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte: https://staatsanwaelte.at/reform-der-staatsanwaltschaftlichen-weisungsspitze/

Maria Berger "im Zentrum": "Nur unabhängige und gut ausgestattete Staatsanwaltschaften können Korruption wirksam bekämpfen."

Eine Reform des Glücksspielgesetzes war bereits im Februar 2018 in Planung, welche jedoch zurück gezogen worden ist.

Derzeit unterliegt das Glückspiel der obersten Aufsicht  des Finanzministeriums. Der Finanzminister selbst forderte bereits früher das Glückspiel der Kontrolle einer selbständigen Behörde zu unterstellen:

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2052674-Bluemel-will-Austro-Loesung-fuer-Casinos.html

Nicht zuletzt im Sinne einer guten Optik und so auch für die Verteidigung, wäre dieses Vorhaben einer selbständigen Glückspielbehörde nun rasch umzusetzen.