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Heute, Mittwoch, will die bayerische CSU bei ihrer traditionellen Winterklausur in Wildbad Kreuth ihr Modell für eine große Steuerreform beschließen. Auf den ersten Blick unübersehbar sind dabei die Differenzen zur großen Schwesterpartei CDU: Während diese eine Entlastung von 24 Mrd. Euro und den Umstieg auf ein Stufenmodell bei gleichzeitigem radikalen Subventionsabbau vorsieht, geht die CSU sehr viel moderater vor. Trotzdem wollen beide Schwesterparteien am 7. März ein gemeinsames Konzept präsentieren.
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Auch in Deutschland kreisen die innenpolitischen Diskussionen seit Monaten vor allem um ein Thema: Mithilfe einer großen Steuerreform will die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder die marode Wirtschaft wieder beflügeln und das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der Regierung stärken. Doch anders als in Österreich, wo die Verhandlungen vor allem innerhalb der Regierung stattfinden, hat in Deutschland die Opposition ein entscheidendes Wort mitzureden, braucht doch die Steuerreform am Ende auch die Zustimmung des Bundesrates, wo CDU und CSU über eine Mehrheit verfügen. Dementsprechend aktiv gehen die beiden Parteien in die Diskussion mit der Regierung hinein.
Nachdem die CDU bereits im November das von ihrem stv. Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz erarbeitete Modell einer radikalen Steuerentlastung präsentiert hatte, zieht nun die CSU bei ihrer Klausur in Wildbad Kreuth mit dem "Konzept 21" nach. Am augenfälligsten sind dabei natürlich die Unterschiede zur Schwesterpartei: Während das CDU-Modell nur noch drei Stufensteuersätze vorsieht (12, 24, 36 Prozent), hält die CSU am derzeitigen linear-progressiven Tarifmodell fest. Im Detail sieht das Konzept, das von Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser erarbeitet wurde, einen Eingangssteuersatz von 13 und einen Spitzensteuersatz von 39 Prozent, der ab einem Jahreseinkommen von 52.500 Euro gilt, sowie einen Grundfreibetrag von 8000 Euro vor.
Im Gegenzug sollen dafür fast alle Steuervergünstigungen gestrichen werden. Auch für Abschreibungen soll es Einschränkungen geben. Pendlerpauschale und Sparerfreibetrag will die CSU dagegen beibehalten, wenngleich weiter senken. Zinseinkünfte sollen einheitlich mit 25 Prozent besteuert werden. Daneben will man auch die Finanzierung der Kommunen neu regeln: Sie sollen sowohl an der Einkommen- als auch an der Mehrwert- und der Körperschaftsteuer beteiligt werden.
In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe) sparte Faltlhauser auch nicht mit Kritik am Merz-Modell: "Ich verweise hier schlicht auf die Kosten": "Die Ecken im Stufentarif von Merz kosten alleine 24 Milliarden Euro." Hinzu komme noch, dass im Jahr der Tarifumstellung mit zusätzlich zehn Mrd. Euro Mindereinnahmen gerechnet werden müsse. Auch Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber hatte am Wochenende das Merz-Konzept als "nicht verkraftbar" für die öffentlichen Haushalte bezeichnet.
Trotz der nun auch offen sichtbar gewordenen Differenzen innerhalb der Union soll am 7.März ein gemeinsames Steuerkonzept präsentiert werden. Dementsprechend war auch Faltlhauser um eine Beruhigung bemüht: Er will sich noch im Januar mit Merz zu ersten Beratungen treffen. Und: "Ich bin ein Merz-Fan und deshalb sehr zuversichtlich".
Eine Zuversicht, die die regierende SPD dann doch nicht ganz teilen wollte. Von einem "Steuerwirrwarr" in der Union sprach daher der SPD-Finanzexperte Joachim Poß. Ein gemeinsames Konzept von CDU und CSU sei nicht zu erkennen: Es lägen zwei völlig unterschiedliche und in großen Teilen nicht vereinbare Konzepte auf dem Tisch. Dabei verhehlte Poß nicht, dass das CSU-Konzept den Plänen seiner Partei sehr viel näher komme als jenes von Merz: Die Vorstelungen der CSU seien "fast schon seriös".
Die Hektik in der deutschen Steuerdebatte erklärt sich nicht zuletzt aufgrund des Wahlkalenders: In den kommenden Monaten steht den deutschen Parteien ein ausgesprochener Wahlmarathon mit nicht weniger als 14 Wahlgängen bevor. Für die rot-grüne Koalition im Allgemeinen und Bundeskanzler Schröder im Besonderen geht es darum, sich aus dem Negativtrend des vergangenen Jahres zu befreien. CDU-Chefin Angela Merkel muss bei den anstehenden Wahlen vor allem ihren Führungsanspruch beweisen und mit Blick auf eine mögliche Kanzlerkandidatur 2006 Profil gewinnen.