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Die Konfrontation in der Ukraine - ein Weg in die Sackgasse

Von Sergej Netschajew

Gastkommentare
Sergej Netschajew ist seit April 2010 Botschafter der Russischen Föderation in Österreich.

Replik des russischen Botschafters auf den jüngsten Gastkommentar des britischen OSZE-Botschafters.


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Der britische Botschafter bei der OSZE bedauerte in seinem Gastkommentar in der "Wiener Zeitung" vom 9. Juni 2015, dass es in den Medien ruhiger um die Ukraine geworden sei. Das ist nicht erstaunlich. Im kontinentalen Europa ist man schon müde wegen der unzähligen und unbegründeten Spekulationen über die angebliche Verantwortung Russlands für die innenpolitische Ukraine-Krise. Einige westliche Diplomaten aus den Ländern, die in vielerlei Hinsicht die Krise selbst provozierten, beziehungsweise die mitspielenden "investigativen Gruppen" haben die Öffentlichkeit mit derartigen Gerüchten schon überfüttert. Mein Kollege hat dabei offenbar vergessen, dass nicht Russland, sondern Kiew gegen seine Regionen Krieg führt. Dabei hat gerade Großbritannien Militärinstrukteure geschickt, um die ukrainischen Streitkräfte darin auszubilden, das eigene Volk im Südosten des Landes effizienter zu töten.

Für einen objektiven Leser genügt es, im Text der Minsker Abkommen nachzuschlagen. Erstens steht dort, dass Konsultationen über die Vorbereitung der Kommunalwahlen in Donezk und Lugansk durchzuführen sind - solche Gespräche haben aber nicht stattgefunden. Zweitens wurde in den Minsker Abkommen vereinbart, dass die wirtschaftliche Kiewer Blockade aufzuheben ist; die Auszahlung von Pensionen und Sozialleistungen soll wieder aufgenommen werden, der Bankensektor ist wieder aufzubauen - nichts davon wurde befolgt. Drittens geht es um eine Amnestie für alle - auch die gibt es bis heute nicht. Viertens soll das Parlament ein Gesetz über den Sonderstatus des Donbass annehmen - Kiew hat dieses "aufgeschoben". Dazu gehört auch die Verfassungsreform, die im Dialog mit Donezk und Lugansk zu verwirklichen ist. Bisher wurde den Vertretern der genannten Regionen sogar eine Mitgliedschaft in der Verfassungskommission verweigert, obwohl dort viele westlichen Experten vertreten sind. Das Wichtigste ist jetzt jedoch die Herstellung eines konstruktiven, gegenseitig respektvollen Dialogs zwischen Kiew und dem Donbass.

Das Streben des britischen Botschafters, die ganze Schuld Russland zuzuschieben, kann man wahrscheinlich nur aufgrund der "reichen" Erfahrung der Inseldiplomatie an politischen "Stabilisierungen" in verschieden Ecken der Welt verstehen. Wenn wir die Dinge beim Namen nennen, geht es um die Schaffung von Chaos - wie etwa in Jugoslawien, im Irak, in Libyen und in Syrien. Nun ist die Ukraine an der Reihe.

Trotz der Minsker Abkommen verschärft Kiew die katastrophale humanitäre Situation durch die Wiederaufnahme des Beschusses im Donbass. Ist dem britischen Boschafter bekannt, dass friedliche Menschen immer wieder, fast täglich dort sterben? Sind die Normen des internationalen humanitären Rechtes für ihn interessant? Russland tritt für die territoriale Integrität der Ukraine und die Herstellung des nationalen Dialogs und Wiederaufbaus von Vertrauen konsequent ein.

Es ist nicht hilfreich, Moskau zu verleumden, und man darf nicht mit Kiew in allen Belangen und blind - aufgrund eigener geopolitischer Ambitionen - Nachsicht üben, sondern muss gemeinsam Lösungen suchen und die Minsker Vereinbarungen vollständig umsetzen.