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Die königlichen Entertainer und ihre Zuschauer auf den teuren Plätzen

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Die teuren Werbezeiten sind zu verkaufen, da empfehlen sich Ankündigungen der Superlative: Zwei Milliarden Zuschauer sollen angeblich die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton im Fernsehen verfolgen wollen.


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Vielleicht übertrieben, trotzdem werden es viele sein, die einmal nicht nur schlechte Nachrichten sehen wollen - darunter wohl auch viele Briten, die lieber das Weite suchen, als sich im hektischen London dem Rummel auszusetzen. Die Feiertagskonstellation ist zu günstig: Mit dem zusätzlichen Feiertag, der für die Hochzeit ausgerufen wurde, kommt man diese Woche nur auf drei Arbeitstage.

Dieser Feiertag kostet übrigens die britische Volkswirtschaft 229 Millionen Euro, sagen britische Monarchie-Gegner. Ökonomen haben errechnet, dass so ein Tag das Wachstum der Volkswirtschaft um 0,1 Prozentpunkte bremst.

Diejenigen britischen Republikfreunde, die sich für die Abschaffung der Monarchie starkmachen, argumentieren auch sonst gerne mit Kostengründen. Trotzdem sprechen sich nach der Krise in den 90er Jahren jüngsten Umfragen zufolge noch die meisten Briten für den Erhalt des Königstums aus, das von anderen Völkern als Kuriositätenkabinett wahrgenommen wird. Die Gegner sehen dennoch Anzeichen, dass ihr Anliegen Fortschritte macht: das offenkundige Desinteresse in den Gemeinden, die bei solchen Anlässen üblichen Straßenfeste abzuhalten.

Der durch Umfragen belegte Enthusiasmusmangel liegt auch daran, dass die Hochzeit überpräsent ist. Die Souvenirshops quellen über von eigenartigen Devotionalien, die Konterfeis von Will und Kate schmücken Dekorteller ebenso wie Teesäckchen oder Kondome. Die Namen der beiden Hochzeiter finden sich auch in einer Flut betrügerischer E-Mails. Und die Medien beteiligen sich ebenso eifrig an dem großen Geschäft, berichten darüber, wo Kate ihren Abend vor der Hochzeit verbringt, wie das Kleid, die Kutsche, die Quartiere ausschauen. Und nicht zu vergessen - wir sind ja in England -, wie die Wetteraussichten für den Hochzeitstag sind.

Wen das alles interessiert? Keine Ahnung. Normalerweise begeistern sich Blätter wie das "Goldene Blatt" oder "Neue Post" für solche Themen. Jetzt finden sie sich sogar in Zeitungen, die sich sonst vom niede-

ren Boulevardjournalismus fernhalten wollen.

Die Schaulust an pompösen Veranstaltungen in allen Ehren - aber darüber sollte doch nicht vergessen werden, wem all der Prunk zu verdanken ist. Nämlich den Untertanen, die der Adel, vorgeblich gottgewollt, jahrhundertelang geschröpft hat und damit sein Vermögen schuf. Heute dürfen die Steuerzahler dazu beitragen.

Manche mögen es als Trost empfinden, dass sich - gleichsam als Kompensation - die Königlichen als Entertainer in einer monströsen Show vor dem Publikum produzieren, das sie dafür teuer bezahlt hat. Andere finden das Getue nur abstoßend.