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Die Konjunktur gewinnt an Kontur

Von Sissi Eigruber

Wirtschaft

Es geht aufwärts, so viel steht fest - aber viel langsamer als gewünscht und natürlich nicht ohne Risken: Der hohe Euro macht den europäischen Exporten zu schaffen und das amerikanische Doppeldefizit (Budget und Leistungsbilanz) bleibt ein Risikofaktor für den Aufschwung der Weltkonjunktur. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und das Institut für höhere Studien (IHS) haben am Freitag ihre Wirtschaftsprognosen bis zum Jahr 2005 präsentiert.


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"Nach drei Jahren Zitterpartie gibt es nun doch ein Wachstum", das allerdings zu gering sei, um die Arbeitslosigkeit zu senken, fasste Karl Aiginger, stellvertretender Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) die wichtigsten Ergebnisse der Prognosen seines Instituts gleich zu Beginn der Pressekonferenz zusammen.

Das Wifo erwartet in Österreich für die Jahre 2003, 2004, 2005 ein reales Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,7%, 1,7% und 2,4%. Wobei für 2005 die geplante Steuerreform allerdings noch nicht berücksichtigt ist, da die Details noch nicht bekannt sind. Durch entsprechende Maßnahmen könnte das BIP dadurch noch um etwa 0,5 Prozentpunkte höher ausfallen. Das IHS ist etwas optimistischer und prognostiziert 0,9%, 2,1% und 2,5%. Dazu ein Vergleich aus vergangenen Zeiten: Im Jahr 2002 stieg das BIP um 1,4%, 2001 um 0,8% und im Jahr 2000 sogar um 3,4%. "Eine sehr flache Erholung ist das wahrscheinlichste Szenario", beschrieb Aiginger den Trend für die nächsten Jahre.

Es gebe zwar eine positive Wende die Beschäftigungszahlen betreffend, aber die Arbeitslosenrate werde in den nächsten zwei Jahren etwa gleich hoch bleiben bzw. nächstes Jahr sogar noch etwas steigen. Der Grund dafür sei, dass mehr Arbeitskräfte am österreichischen Markt zur Verfügung stehen, so die Erklärung des Wifo. Das seien unter anderem zugewanderte Frauen und Jugendliche, die nun schon seit mehreren Jahren in Österreich sind und jetzt Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, was sozialpolitisch sehr positiv sei. Dazu komme noch eine höhere Anzahl von Saisonniers und durch die Erhöhung des Pensionsalters ein längerer Verbleib der Beschäftigten am Arbeitsmarkt. Zusätzlich würden auch mehr Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern (insbesondere nach Ablauf der Übergangsfristen) nach Österreich kommen, wurde seitens des IHS ergänzt. Problematisch werde diese Konkurrenz insbesondere für wenig qualifizierte Arbeitskräfte. Dafür gebe es die Chance, den Mangel an inländischen Arbeitskräften in bestimmten Bereichen auszugleichen.

"Die Weltwirtschaft hat zwei Lokomotiven", beschrieb Aiginger die globalen Zusammenhänge: Die USA und Asien. Erstere fahre aber "mit geborgter Kohle", meinte der Wirtschaftsexperte mit Hinweis auf Budget und Außenhandelsdefizit der USA. Dafür macht die Asien-Lok ordentlich Dampf (siehe unten). "Dass es eine Korrektur des mittlerweile gigantischen US-Defizits geben muss, ist klar", betonte Bernhard Felderer vom IHS. Er glaube allerdings nicht, dass das noch während der Amtszeit von Georg W. Bush passieren werde. "Wir werden 2004 ein sehr starkes Jahr in den USA erleben", ist Felderer zuversichtlich. Er glaubt außerdem nicht, dass eine Konsolidierung des US-Budgets den Aufschwung gefährden könnte.

Auch in Europa gebe es zwei Regionen, die sich besonders positiv entwickeln: Die nordischen Staaten und die EU-Erweiterungsländer, wo das Wirtschaftswachstum über dem EU-Durchschnitt liegt.

Die größte Last, die Europa zu tragen hat, ist der hohe Euro, der für die Exportwirtschaft ein "Teuro" sei, sagte Aiginger. Von dem Lissabon-Ziel, die EU bis 2010 zum dynamischsten Wirtschaftsraum zu machen, sei man jedenfalls weit entfernt, stellte Aiginger fest. In den Bereichen Beschäftigung, Ausbildung und Forschung sei dazu bisher zu wenig erreicht worden. Außerdem sei der Stabilitäts- und Wachstumspakt von Europa rasch entwertet worden, seine Reform werde wohl noch länger warten müssen. Damit sei auch die Aufbruchstimmung für die EU-Erweiterung getrübt.

Der Höhenflug des Euro scheint die Wirtschaftsexperten aber nicht ernsthaft zu beunruhigen: "Wir können davon ausgehen, dass der Wechselkurseffekt nicht so negativ ist, wie von manchen angenommen", beruhigte Felderer. Eine Simulation des IHS habe ergeben, dass der Euro, wenn er im Jahr 2004 durchschnittlich bei 1,22 US-Dollar liegt (Richtkurs vom Freitag: 1,2418 USD), das Wirtschaftswachstum in Österreich nicht dramatisch beeinträchtigt: "Dann sind es für 2004 eben nur plus 1,9% statt plus 2,1%", sagte Felderer.

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China/Asien

China gilt als die Triebfeder des Handels in der Region Südostasien, und die boomende Nachfrage aus dem Reich der Mitte hat vielen Märkten Auftrieb gegeben. Erst kürzlich korrigierte die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) ihre Konjunkturprognose für Ostasien ohne Japan deutlich nach oben. Durchschnittlich wird in diesem Jahr ein Plus von 6,1% erwartet, nachdem nur mit 5,6% gerechnet worden waren. 2004 werde die Region dann voraussichtlich gar um satte 6,6% zulegen. Als Grund für den positiven Trend sehen die Entwicklungsbank-Experten neben dem Wachstum Chinas eine anhaltend gute Binnennachfrage und die besseren Konjunkturaussichten in Japan und den USA - noch immer die wichtigsten Absatzmärkte der Länder Südostasiens.

Zu Beginn des Jahres sah es noch gar nicht gut aus für die Region. Der Irak-Krieg trieb dunkle Wolken über den Konjunkturhimmel. Zu allem Überfluss fegte auch noch die Lungenkrankheit SARS über Asien hinweg. Selbst Länder, in denen SARS so gut wie gar nicht aufgetreten war - etwa Malaysia und Thailand - verbuchten Einbrüche beim Tourismus. Schwer gebeutelt wurde neben Hongkong vor allem Singapur, wo die Zahl der Reisenden zeitweise um 70% schrumpfte. Entsprechend sind die Zahlen für das frühere Wirtschaftswunderland zumindest für dieses Jahr alles andere als rosig. Gerade einmal 0,8% Zuwachs erwartet die ADB für Singapur - kein Vergleich zu den Boomländern Thailand und Vietnam, wo die Entwicklungsbank für das heurige Jahr mit einem Plus von 6 und 7% rechnet. Und selbst Malaysia und Indonesien stehen mit prognostizierten 4,6 und 3,8% besser da. Im nächsten Jahr soll dann alles besser werden: Singapur kann dann wieder auf ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 4,9% hoffen.

Japan

Japans Wirtschaft wird nach Einschätzung der Regierung im kommenden Fiskaljahr 2004 (1. April) um real 1,8% wachsen. Dank steigender Investitionen der Unternehmen angesichts zunehmender Exporte werde die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt damit im dritten Jahr in Folge zulegen, wie die Regierung am Freitag in ihrer Jahresprognose mitteilte. Im laufenden Jahr wird ein Wachstum von 2,0% erwartet.

Angesichts höherer Inlandsnachfrage und positiver Auswirkungen der gelockerten Geldpolitik der Zentralbank werde sich der seit Jahren andauernde Deflationsdruck abmildern, hieß es weiter. Die Regierung rechnet für das kommende Fiskaljahr mit einem Anziehen der Verbraucherausgaben um 1,1% nach einem geschätzten Anstieg von 0,6% im laufenden Jahr. Die Arbeitslosenquote werde sich auf 5,1% nach voraussichtlich 5,2% in diesem Jahr leicht verringern.

Reaktion

Der ÖGB fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und ein Vorziehen der Steuerreform auf 2004, um den Arbeitsmarkt anzukurbeln. Eine Steuerentlastung der kleinen und mittleren Einkommen stärke die Kaufkraft vor allem der Haushalte im unteren Einkommensdrittel, so der ÖGB in einer Aussendung. Diese geben 80% ihres zusätzlichen Einkommens sofort wieder aus. Im mittleren Einkommensbereich seien es immerhin noch 50%, die sofort in den Konsum fließen. Damit werde Beschäftigung und Wachstum geschaffen.