Österreich wird digitaler, nun müssen die Unternehmen mit- und nachziehen - durch eine bessere Nutzererfahrung und einen besseren Umgang mit Daten.
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Nach dem starken Anstieg durch die Corona-Pandemie ist die Nutzung digitaler Kanäle in fast allen europäischen Ländern heuer etwas zurückgegangen. Nicht so in Österreich. Obwohl wir nicht als Digitalisierungsweltmeister bekannt sind, zeigt sich hier seit Ende 2021 eine durchaus überraschende Entwicklung: Österreich verzeichnet den größten Anstieg an digitalen Nutzern unter allen 19 von McKinsey untersuchten Ländern Europas, vor unseren deutschen Nachbarn. Tschechien zum Beispiel rutscht bei der Digitalnutzung vom Mittelfeld auf den letzten Platz: Weniger als zwei von drei erwachsenen Bürgern nutzten hier im vergangenen halben Jahr das Smartphone oder den Computer, um online einzukaufen, eine Versicherung abzuschließen oder eine Reise zu buchen. Spitzenreiter Großbritannien kann sich trotz Rückgang mit den nordischen Ländern (Finnland, Schweden und Dänemark) in den Top-Platzierungen der Digitalnationen halten.
Befragt wurden von McKinsey im heurigen Frühjahr mehr als 25.000 Personen zwischen 18 und 85 Jahren, darunter mehr als 1.500 österreichische Verbraucher, in einer online-gestützten Umfrage. Derartige Befragungen führt McKinsey seit 2020 jährlich unter europäischen Verbrauchern durch. Betrachtet man die Akzeptanz der digitalen Interaktionsangebote in den einzelnen Branchen, zeigen sich auch hier bemerkenswerte Entwicklungen. Im Lebensmittelhandel verdoppelten sich die Online-Einkäufer, das Smartphone ist dabei das beliebteste Device.
Kein Selbstzweck
Sonderlich zufrieden sind wir Österreicher mit diesen digitalen Kanälen jedoch nicht: Im Branchenvergleich bekommt der Lebensmittelhandel die schlechtesten Nutzerbewertungen. Ganz anders in der Bankenbranche: 95 Prozent der Bankkunden nutzen bereits Online-Banking - das ist die höchste Digitalrate im Branchenvergleich. Wo der Lebensmittelhandel ansetzen kann, geben die mehr als 1.500 Umfrageteilnehmer den Verantwortlichen direkt mit auf den Weg: geringere Lieferkosten, kürzere Lieferzeiten, live-tracking von Lieferanten und eine größere Produktauswahl.
Aber wir Österreicher wollen nicht nur ein besseres Nutzungserlebnis, wir wollen auch sicher sein, dass Unternehmen vertrauensvoll mit unseren persönlichen Daten umgehen. Vor allem Behörden beziehungsweise öffentliche Institutionen und Banken genießen einen enormen Vertrauensvorschuss. In vielen anderen Bereichen, etwa dem Lebensmittelhandel, Versicherungen, Unterhaltungsbranche oder Reiseunternehmen, herrscht eher Misstrauen. Für Unternehmen und öffentliche Verwaltung ist es überlebenswichtig, die grundlegenden Elemente des digitalen Vertrauens bereitzustellen: Schutz von Nutzerddaten, wirksame Cybersicherheit, Bereitstellung vertrauenswürdiger digitaler Services und transparente Datennutzung. Die Dringlichkeit wird sich hier rasch weiter erhöhen. Das Verständnis darüber, wie Firmen Daten analysieren, speichern, sichern und nutzen, wird in der Bevölkerung weiter zunehmen.
Digitalisierung ist also kein Selbstzweck oder Kosmetik. Stark digitalisierte Branchen sind oft die widerstandsfähigsten, da sie schneller auf neue Herausforderungen reagieren können. Das hat die Pandemie mit ihren digital kompensierenden Maßnahmen eindrücklich gezeigt. Zudem planen die wenigsten Kunden, ihre digitale Nutzung einzuschränken. Serviceanfragen via Chat oder Shopping via App ist gekommen, um zu bleiben. Eine hohe Digitalisierungsrate hilft, Kunden langfristig zu binden, sofern ihre digitalen Interaktionsangebote auch sicher sind. Auch die Ansprüche der Verbraucher an digitale Kanäle und deren Nutzerfreundlichkeit steigen kontinuierlich, nicht nur bei den Jungen. Ein gutes wie sicheres Nutzererlebnis muss bei der Weiterentwicklung digitaler Angebote stets im Zentrum der Anstrengungen stehen. Denn gerade im Netz ist die Konkurrenz oft nur einen Mausklick oder Swipe weit entfernt.