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Die Konzepte für Bayreuth sind so austauschbar wie die Namen der Chefs

Von Edwin Baumgartner

Analysen

Es war Wolfgang Wagners wirkungsvollste Inszenierung: Ein schier endlos hinausgezögerter Rücktritt, dessen Winkelzüge es zu Top-Meldungen in deutschsprachigen Medien schafften - das soll dem alten Fuchs einer nachmachen! | Nun aber ist die Zeitenwende bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen vollzogen. Wolfgang Wagner tritt ab, Katharina Wagner und deren Halbschwester Eva Wagner-Pasquier sollen die Nachfolge ihres Vaters antreten. So will es der Stiftungsrat.


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Wer auch immer Chef in Bayreuth werden würde, es sei eine Richtungsentscheidung, war in etlichen Medien zu lesen. Das geht an der Wahrheit vorbei. In Wirklichkeit gibt es auf der ganzen Welt kein Festspiel, bei dem es weniger auf den Intendanten ankommt.

Das Konzept in Bayreuth heißt nun einmal Richard Wagner. Zehn seiner Bühnenwerke werden gespielt, drei, nämlich die Frühwerke "Die Feen", "Das Liebesverbot" und "Rienzi", werden nicht gezeigt. Das hat sich durch die Festspieltradition so ergeben. Niemand wagt an ihr zu rütteln.

Damit ist der Gestaltungsrahmen für den Intendanten bereits sehr klein. Er verringert sich weiter, weil niemand die Notwendigkeit einer gegenwartsbezogenen Auseinandersetzung mit Wagners Werk gerade unter Festspielbedingungen ernsthaft anzweifelt.

Anders gesagt: Ob nun Nike Wagner gemeinsam mit dem belgischen Kulturmanager Gérard Mortier Bayreuth leitet oder Katharina Wagner gemeinsam mit Eva Wagner-Pasquier, verändert nicht die künstlerische Ästhetik Bayreuths. Dementsprechend ähnlich waren auch die Konzepte der beiden konkurrierenden Teams.

Was den Ausschlag zugunsten des Teams von Katharina Wagner und Eva-Wagner-Pasquier gegeben hat, ist zweifellos die größere Akzeptanz durch die Sponsoren. Nike Wagner hat sich bei einflussreichen Kreisen durch ihre bisweilen aggressive Kritik an den Bayreuther Festspielen unbeliebt gemacht. Mortier wiederum ließ verlauten, dass er, sollte er Co-Chef in Bayreuth werden, dennoch nicht daran denke, die Leitung der New York City Opera abzugeben, die er 2009 antreten wird. Bayreuth als Nebenjob - das konnte nicht durchgehen.

Zumal in Bayreuth nach wie vor ein ideologischer Kampf schwelt. Das Spektrum geht von weit links bis sehr weit rechts. Nike Wagner und Mortier hätten nur das linke Spektrum abdecken können. Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier indessen haben den Dirigenten Christian Thielemann als künstlerischen Berater mit im Boot, der ein Liebkind des konservativen Spektrums ist.

Letzten Endes war es eine reine Personalentscheidung. Wirkliche Richtungsentscheidungen sehen anders aus. Vielleicht sind sie in Bayreuth auch unmöglich.