Die harsche Kritik der EU an der Korruption in Rumänien und Bulgarien ist wohl berechtigt. Der daraus resultierende Kollateralschaden könnte aber groß sein. Denn in Brüssel geht - angesichts der Vorgänge in Bukarest und Sofia - die Angst vor der Westbalkan-Erweiterung um.
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In der Kommission steht einigen der Schweiß auf der Stirn, wenn sie daran denken, dass Länder wie Serbien, Mazedonien, Montenegro, auch Kroatien Mitglied der Europäischen Union werden.
Die Vorwürfe aus Brüssel sind daher auch ein Fingerzeig an diese Länder, ihre Anstrengungen im Kampf gegen die Korruption zu verstärken. Bei Kroatien ist die EU zahmer, obwohl auch dort nicht alles zum Besten steht. Wobei Korruption in dieser Region eher als Mafia zu beschreiben ist: Ein Netzwerk aus Politikern und organisierter Kriminalität, dem die jeweilige Justiz (aus welchen Gründen immer) recht wehrlos gegenübersteht.
Nun will sich Österreich für die Erweiterung südlich Sloweniens einsetzen, das ist ein außenpolitischer Schwerpunkt. Damit liegt es auch an Österreich, diesen Ländern klarzumachen, dass mit korrupten Politikern und ausufernden Mafiaorganisationen kein dauerhafter Staat zu machen ist.
Die EU selbst wäre allerdings gut beraten, beim Thema Korruption überall dasselbe Maß anzulegen. Russland wird hofiert, weil es groß und reich an Ressourcen ist. Italien als EU-Mitglied wird kaum deswegen aus Brüssel belangt werden. Aber der EU-Beitritt Serbiens könnte sich aus diesem Grund verzögern. Das ist eine schwer nachzuvollziehende Doppelmoral, vor allem in den betroffenen Ländern. Dass auch EU-Banken mit den Oligarchen des Balkans Geschäfte machen oder russische Investments in Montenegro (und italienische in Serbien) finanzieren, verbessert die Sache nicht.
Wenn die Kommission meint, der Westbalkan sei nicht reif für einen EU-Beitritt, so ist dies der falsche Ansatz. Richtig wäre, diese Länder rasch in die EU aufzunehmen. Und den Geschäftsleuten der EU-27 klarzumachen, dass auch sie belangt werden, wenn sie sich mit dortigen Strukturen arrangieren. Korruption ist am besten bei den Geldflüssen zu bekämpfen. Strenge Gesetze in den Balkanländern sind großartig, genügen aber nicht. Dazu sitzen zu viele Profiteure in der heutigen EU.