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Die Kostenexplosion am Bausektor ist hausgemacht

Von Karl-Heinz Strauss

Gastkommentare
Karl-Heinz Strauss ist CEO der Porr AG.
© Astrid Knie

Die Materialpreise werden von den Anbietern künstlich hochgehalten.


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Seit Monaten wird darüber gesprochen, wie wir in Österreich die Baukostenexplosion in den Griff bekommen. Die abenteuerlichsten Lösungen werden vorgeschlagen, wie zum Beispiel Verteuerungsverbote im Wohnbau. Die Sorge ist verständlich, denn gerade der Wohnbau leidet unter den derzeit hohen Preisen. Solche Vorschläge gehen aber am Problem vorbei. Denn es muss einmal klar gesagt werden: Die Preise steigen nicht, weil Baufirmen ihre Margen erhöhen. Und sie steigen auch nicht so rasant wegen der Situation in der Ukraine. Diese bietet allerdings eine bequeme Ausrede.

Was wir stattdessen erleben, ist, dass die Anbieter am Beschaffungsmarkt die Preise für Bezugsstoffe und Materialien am Bau unverhältnismäßig anheben. Ein Beispiel: Aufgrund des Lockdowns in China liegt die produzierte Ware immer noch in den Häfen und kann nicht geliefert werden. Das hat naturgemäß eine Verknappung verursacht. Diese Verknappung wird künstlich aufrechterhalten, weil zum Beispiel etwa 30 Prozent der benötigten Schiffe stillgelegt wurden, um die absurd teuren Transportpreise künstlich hochzuhalten. Die Verknappung, die eigentlich keine sein müsste, wird zusätzlich von Produzenten aller Art - von Zement, Beton, Stahl, Wärmedämmung und so weiter - bewusst aufrechterhalten.

In der Vergangenheit wurden in solchen Situationen Extraschichten in den Werken eingelegt, und es wurden Sonderproduktionslinien gefahren, um die Nachfrage halbwegs befriedigen zu können. Was wir derzeit sehen, ist etwas ganz anderes: Anbieter kündigen stattdessen plötzlich Produktionsstopps an, weil sie überraschenderweise Reparaturen durchführen müssen. Die Ware kann deswegen erst drei Wochen später ausgeliefert werden und erzielt dann natürlich einen höheren Preis. Außerdem werden Produktionslinien geändert, um margenträchtigere Produkte anzubieten.

Dazu kommt der starke Anstieg der Öl- und Gaspreise, insbesondere unter der Bedrohung, dass Russland seine Gaslieferungen einstellen könnte. Unter dem Schlagwort "Ukraine" und der sicheren Versorgung wird auch mit einem hohen Strompreis argumentiert. Gleichzeitig wird die E-Mobilität propagiert, ohne zu wissen, woher man den Strom für all diese Fahrzeuge nehmen wird.

Doch das alleine ist nicht alles. Durch die hausgemachte Teuerung und die ersten Zinsanhebungen wird die Inflation weiter angeheizt. Zusätzlich dazu beginnt sich natürlich die Lohnspirale zu drehen und befeuert zusätzlich diesen Teufelskreis.

Die Nachfrage am Bau in allen unseren Märkten ist ungebrochen hoch, und wir sind dank einer sorgfältigen Auftragsakquisition sehr gut ausgelastet. Keine unserer Baustellen ist still gestanden, einerseits durch eine zentrale Einkaufsorganistation und andererseits durch kompetentes Personalmanagement. Das "Managen des Unvorhergesehenen" ist schon immer eine Stärke der Bauindustrie gewesen, und daher sind wir zuversichtlich, dass die Baubranche die derzeitige Kostenexplosion überstehen wird. Wer die drehende Preisspirale und ihre fatalen Folgen für die Endverbraucher einbremsen will, muss jedoch zuerst das Problem am Beschaffungsmarkt in den Griff bekommen.