KP spricht gar von einem "Wunder". Nun sollen eine Propagandaoffensive und größere Öffnung nach außen folgen.
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Chinas Staatsführung stellt sich selbst ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. Wie das Land unter Anleitung der allmächtigen Kommunistischen Partei der Corona-Krise begegnet sei, sei ein "Wunder in der Geschichte der Menschheit" gewesen.
Diese Einschätzung gab am Freitag der Ständige Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei ab, der unter der Führung von Staatschef Xi Jinping tagte. Und während anderswo, unter anderem auch in Österreich, über eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen diskutiert wird, wird in China die Bilanz über die Corona-Maßnahmen von der Partei dekretiert.
Demnach hat die Volksrepublik einen "großen und entscheidenden Sieg" errungen. Die Praxis habe bewiesen, dass das Zentralkomitee der KP in der Beurteilung der pandemischen Lage, seinen Entscheidungen und strategischen Anpassungen richtig gelegen sei.
Überfüllte Spitäler, leere Quarantänezentren
China hatte bis zum November vergangenen Jahres eine äußerst harsche Corona-Politik und schon bei vereinzelten Fällen ganze Häuserblocks wochenlang unter Quarantäne gestellt oder auch Städte von der Außenwelt abgeriegelt. Nachdem aber die Partei aufgrund dieser harten Maßnahmen mit den größten landesweiten Protesten seit Jahrzehnten konfrontiert war, vollzog sie im Dezember vergangenen Jahres einen radikalen Kurswechsel und beendete übergangslos fast alle Maßnahmen. Das führte wiederum zu überfüllten und überlasteten Krankenhäusern, die diese plötzliche Kursänderung unvorbereitet traf.
Die KP will allerdings von derartigen Schwierigkeiten nichts wissen. Vielmehr erlebte das Land laut Staatsführung "einen reibungslosen Übergang". Durch die Null-Covid-Strategie sei wertvolle Zeit gewonnen worden, bis das Virus weniger tödlich war. Dieses Vorgehen werde von der Bevölkerung "anerkannt".
Die KP hat immer versprochen, dass sie ihre Bevölkerung besser vor dem Virus schützen würde als andere Regierungen. Darauf referierte sie nun auch bei ihrer Erklärung. Demnach sei in China die Covid-19-Sterblichkeitsrate "die niedrigste in der Welt" geblieben.
Allerdings sind die Zahlen der KP mit Vorsicht zu genießen. Offiziell wurden 83.150 Todesfälle gemeldet, jedoch wurden dabei nur die in Krankenhäusern verstorbenen Covid-Toten gezählt, wobei es offenbar Druck auf das medizinische Personal gab, die Zahlen möglichst niedrig zu halten. Diejenigen, die zu Hause starben, wurden nicht mitgerechnet. Und in den vergangenen Monaten kamen offenbar die Krematorien mit dem Einäschern der Leichen kaum nach.
Experten setzen jedenfalls die Zahl der Toten wesentlich höher an. Modellrechnungen des in London ansässigen Datenverarbeiters Airfinity kamen auf 1,47 Millionen Tote. Auch andere Forschungsinstitute schätzen die Zahl der Corona-Toten auf 1,0 bis 1,5 Millionen.
Damit wäre die Zahl der Todesopfer pro Kopf aber vergleichsweise tatsächlich sehr niedrig. Allerdings ist auch vollkommen unklar, wie viele Menschen die harschen Lockdowns ihr Leben kosteten, weil sie aufgrund der rigiden Maßnahmen bei anderen Krankheiten notwendige Behandlungen nicht erhielten.
Ein Projekt für das kommunistische System
Die KP erklärt die Pandemie noch nicht für beendet: Alle Behörden sollen das Gesundheitswesen stärken, die Impfquote für ältere Menschen soll verbessert werden.
Gleichwohl dürften die nun erfolgten Verlautbarungen die offizielle Geschichtsschreibung der Partei für die Corona-Pandemie darstellen. Denn es wurde auch gleich eine Propagandakampagne angeordnet, die in Medienberichten, Schulbüchern und anderen Publikationen ihren Niederschlag finden wird. Es sollen nun "Anstrengungen unternommen werden, die wichtigen Ergebnisse des Kampfes gegen das Coronavirus zu würdigen" und "das Vertrauen der ganzen Partei und der Bevölkerung aller ethnischen Gruppen in ihren Erfolg zu stärken".
Dass die KP sich nun noch einmal einen Erfolg zuschreibt, passt in das Narrativ, das sie bereits in den vergangenen drei Jahren gepflegt hat. Sie hat den Kampf gegen das Coronavirus nationalistisch aufgeladen und auch immer wieder als Ausdruck der Überlegenheit des eigenen Systems gegenüber den westlichen Demokratien dargestellt. Wie sehr China die Pandemiebekämpfung als nationales Projekt ansieht, zeigt auch der Umstand, dass es bis heute die effizienteren westlichen Impfstoffe nicht zulässt.
Massive Stärkung des Überwachungsstaates
Wie sehr die Bevölkerung tatsächlich mit der Corona-Politik einverstanden ist, lässt sich schwer feststellen, da kritische Stimmen sofort zensiert werden. Die Proteste im vergangenen Jahr wiesen aber zumindest damals auf großen Unmut hin. Diesen brachte die KP aber schnell wieder unter Kontrolle, auch weil sie im Zuge der Corona-Pandemie ihr Überwachungsregime noch einmal massiv verstärkt hat. Die Bürger werden nun über Kameras mit Gesichtserkennungsprogrammen und vor allem ihre Handys auf Schritt und Tritt überwacht.
War der Blick Chinas in den vergangenen drei Jahren sehr nach innen gerichtet, möchte es sich nun wieder mehr nach außen öffnen - zumindest wirtschaftlich. So hat Vizepremier Lu He beim Weltwirtschaftsforum in Davos um internationale Investoren geworben. Und chinesische Offizielle versprechen bereits, dass die KP viele Beschränkungen, mit denen Konzerne zu kämpfen hatten, aufheben will.(klh)