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Die Kraft von Symbolen

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

Die USA sind mitunter ein seltsames Land. Zumindest mit mitteleuropäischen Augen betrachtet. Die fast schon fundamentalistische Religiosität des "Bible Belt", die archaischen Zwillinge von Todesstrafe und liberalem Waffenrecht; die tief verankerte Staatsskepsis, der unbedingte Individualismus. Man könnte diese Reihe noch weiter fortsetzen ... und würde dem Land so doch niemals gerecht.


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Die Anziehungskraft der Vereinigten Staaten auf Menschen aus allen Erdteilen speist sich aus anderen Quellen.

Was würde etwa in Österreich geschehen, wenn - nachdem islamistische Terroristen ein Wiener Wahrzeichen in Schutt und Asche gelegt und hunderte Menschen in den Tod gerissen hätten - ein islamischer Verein unmittelbar daneben ein islamisches Zentrum samt Moschee errichten möchte? Ein Aufschrei heller Empörung wäre garantiert (und wer anderer Ansicht ist, würde es - aus Opportunitätsgründen - tunlichst für sich behalten).

Nun, einen lauten Aufschrei gibt es auch in den USA, wo dieses Szenario sich anschickt, Wirklichkeit zu werden. In unmittelbarer Nähe zu Ground Zero in Manhattan, wo am 11. September 2001 zwei Flugzeuge, von islamistischen Terroristen gesteuert, das World Trade Center dem Boden gleich machten, wollen nun Private ein islamisches Zentrum samt Moschee errichten.

Natürlich fehlt es nicht an Protesten, die diese Pläne - gelinde gesagt - als unpassend empfinden; die rechts-außen Republikanerin Sarah Palin gehört hier dazu, aber auch die jüdische Anti Defamation League und noch viele andere mehr.

Die Stadtverwaltung New Yorks mit dem parteiunabhängigen Milliardär Michael Bloomberg an der Spitze hat dagegen eine andere Meinung. Der Bau einer Moschee gilt ihm als Symbol dafür, dass die in der US-Verfassung festgeschriebenen Bürgerrechte nicht einmal durch die Attacken der Terroristen von 9/11 erschüttert werden können.

Man kann, gerade als Europäer, dem in den USA allgegenwärtigen politischen Symbolismus durchaus skeptisch gegenüberstehen. Von Zeit zu Zeit wünscht man sich allerdings auch für Europa ähnlich kraftvolle Symbolentscheidungen für die Freiheit und Rechte der Bürger. Von Österreich gar nicht zu reden.