Der medizinische Nutzen von Küchenkräutern. | Fenchel, Thymian als Heilmittel. | Berlin. Es duftet verführerisch. Das Aroma einer mit Thymian gewürzten Lammkeule oder eines mit Basilikum verfeinerten Gemüseauflaufs genügt oft schon, um sonnige Urlaubserinnerungen wach werden zu lassen. Denn gerade aus der Mittelmeerküche sind solche Gewürze wirklich nicht wegzudenken.
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Allerdings schmeckt keineswegs eine Thymianpflanze wie die andere. Um böse Überraschungen zu vermeiden, beziehen viele Profi-Köche ihre Kräuter deshalb nur bei Stammlieferanten. Doch was steckt eigentlich hinter den verschiedenen Geschmacksnuancen? Die lapidare Antwort lautet: "Chemie".
Gemüse-Analyse
Je nach Sorte, Herkunft und Zeitpunkt der Ernte enthalten Gewürz- und Arzneipflanzen ganz unterschiedliche Kombinationen von Inhaltsstoffen. "Man findet da eine faszinierende chemische Vielfalt", sagt Hans Krüger vom Institut für Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz des Julius-Kühn-Instituts (JKI) in Quedlinburg. Er und seine Kollegen sind seit Jahren dabei, dieses reiche Angebot der Natur zu sichten und zur Züchtung vorzuschlagen.
Mit modernsten Analyseverfahren erstellen sie chemische Fingerabdrücke für Thymian, Basilikum & Co. Ihre Ergebnisse sollen dabei helfen, für jeden Zweck Gewächse mit einer möglichst günstigen Palette von Inhaltsstoffen zu züchten.
Da wäre zum Beispiel der Fenchel, der nicht nur als Gemüse und Gewürz beliebt ist. Viele Kinder machen schon früh Bekanntschaft mit dieser Heilpflanze, da Fencheltee und Fenchelhonig alte Hausmittel gegen Verdauungsbeschwerden, Halsentzündungen und Husten sind. Das in den Früchten enthaltene ätherische Öl steigert unter anderem die Beweglichkeit der Flimmerhärchen in den Atemwegen, sodass man Schleim leichter abhusten kann. Die wirksamen Bestandteile sind im Wesentlichen das süßliche Anethol und das eher bittere Fenchon.
Damit Fenchel seine medizinische Wirkung entfalten kann, sollte sein ätherisches Öl mindestens 60 Prozent Anethol und 15 Prozent Fenchon enthalten. Und auch sonst muss der perfekte Fenchel eine ganze Reihe von Ansprüchen erfüllen. So werden die Pflanzen normalerweise im Frühjahr gesät und tragen erst im Herbst des folgenden Jahres Früchte.
Wirkstoff-Bomben
Ebenfalls ein Zuchtprodukt ist Thymian mit einem hohen Gehalt an Thymol. Der sollte aber nicht als Gewürz zum Einsatz kommen, sondern als Alternative zu den synthetischen Antibiotika, die Landwirte lange Zeit benutzt hatten, um Erkrankungen ihrer Tiere vorzubeugen. Synthetische Antibiotika sind heute verboten, weil die Krankheitserreger dadurch leicht Resistenzen entwickeln können. Also suchen viele Bauern nun nach pflanzlichen Alternativen wie Thymol, das Bakterien und Pilze effektiv abtöten kann. Das wussten auch schon die alten Ägypter, die mithilfe von Thymianzubereitungen ihre Mumien konservierten.
Die Formel "mehr Wirkstoff ist gleich bessere Pflanze" stimmt aber nicht immer. "Es gibt auch unerwünschte Inhaltsstoffe", sagt Hans Krüger. So finden sich im ätherischen Öl mancher Basilikumsorten die Verbindungen Estragol und Methyleugenol, die in Tierversuchen eine krebserregende Wirkung gezeigt haben. Diese Substanzen sollen nicht in Lebensmittel gelangen. Tatsächlich sind die Estragol-haltigen Basilikumsorten inzwischen fast völlig vom Markt verschwunden. Generell gilt: Grünblättriger Basilikum enthält weniger Estragol als rotblättriger und spät geerntete Pflanzen weniger als früh geerntete. Wenn kochfreudige Basilikumfans das wissen, müssen auch sie sich nicht um ihren Gemüseauflauf sorgen.