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Unkonventionelle Methoden zur Zermürbung des Feindes sind effizient, aber billig: Das macht sie für den Kampf gegen den IS attraktiv.
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Der Wurm der Paranoia frisst sich letztlich selbst durch den härtesten Gegner. Ein Beispiel dafür ist ein Twitter-Posting über ein Flugblatt der Terrormiliz IS, in dem 5000 US-Dollar geboten werden für Informationen über "Agenten der Kreuzfahrer" in den eigenen Reihen. Vielleicht graben sich westliche Spione tatsächlich gerade heimlich in den IS. Vielleicht ist das Flugblatt aber auch eine Fälschung, die die Kämpfer dazu bringen soll, ihren Kameraden zu misstrauen. Die Dschihadisten können das nicht wissen. Wie auch immer, der Paranoiawurm nagt an ihnen.
Das Flugblatt brachte mich dazu, mich mit einem der wenig diskutierten Aspekte der US-geführten Kampagne zu beschäftigen, nämlich der Rolle, die unkonventionelle Kriegsführung dabei spielen kann. Das ist die Sun-Tzu-Kunst des Kämpfens, die Tricks und Kniffe und Täuschungsmanöver, die einen Gegner dazu bringen, sich selbst zu schwächen, seine Glaubenssätze und Führung zu hinterfragen. Diese unkonventionellen Operationen kosten weniger Geld und Leben als ein wilder Kugelhagel von einem Apache-Helikopter, zudem können diese unkonventionellen Mittel einen Gegner subtil dazu bringen, sich selbst anzugreifen.
Mag sein, es ist der Verfasser von Spionageromanen auf der Suche nach einem neuen Stoff in mir, aber ich hoffe, die USA und ihre Verbündeten überlegen sich, wie sie im Irak und in Syrien unkonventionell vorgehen können, um den IS zu untergraben. Es handelt sich um eine erschreckend brutale Gruppierung. Kurzfristig erzeugt derartige Nötigung die Erziehung zum Folterknecht, langfristig ist sie aber ein Zeichen von Verwundbarkeit. Niemand will für immer unter einem solchen Regime leben.
Einer der wenigen öffentlichen Diskussionsbeiträge, wie unkonventionelle Kriegsführung hilfreich gegen den IS eingesetzt werden könnte, ist in einem Posting zu meinem Lieblingsmilitärblog "War on the Rocks" zu finden: Clint Watts, ein Ex-Offizier und -FBI-Special-Agent beschreibt verschiedene Wege, Differenzen und Trennungen zu anzuregen. "Man muss versuchen, einen Keil zwischen die irakisch-dominierte Führung [des IS] und seine ausländischen Kampftruppen zu treiben", gibt sich Watts überzeugt. Atheel al-Nujaifi, Gouverneur der Provinz Nineve, sagte mir in einem Interview, dass unter den Dschihadisten in Mosul bereits Spannungen zwischen Ausländern und Einheimischen bestehen und ebenso zwischen Turkmenen und sunnitischen Arabern.
Watts regt auch an, die Rivalität zwischen den Kriminellen, die sich zum IS hingezogen fühlen, und den religiösen Fanatikern im Zentrum der Gruppe zu fördern. Und er schlägt vor, Unterwanderer (oder Berichte über Unterwanderer) auszusenden, um bei den Extremisten eine Spionageparanoia auszulösen. Solche Doppelagententaktik habe in Somalia funktioniert und in Algerien.
Letztlich wird der IS an seiner eigenen Brutalität zugrunde gehen. Watts schreibt: "Militäraktionen wie Luftangriffe gegen Terrorgruppen machen aus Dschihadführern Märtyrer. Wirklich zerstört wird die Anziehungskraft [des IS] aber durch die Imageveränderung vom Märtyrer zum Verbrecher."
Übersetzung: Redaktion