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"Die Krise ist noch nicht vorbei"

Von WZ Online

Europaarchiv

Der Chef der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF), Klaus Regling, geht davon aus, dass die bisher von der EZB, dem IWF und der EU getroffenen Maßnahmen zur Bewältigung der Schuldenkrise in Europa ausreichen werden. Aber "es weiß jeder der Beteiligten, dass die Krise noch nicht vorbei ist", sagte Regling am Samstag Im Journal zu Gast im ORF.


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Regling: "Die Krise ist noch nicht vorbei"

"Finanzmärkte haben nicht immer recht": Maßnahmen in Griechenland ausreichend - Spanien braucht kein Geld - Ausweitung des Rettungsschirms nicht nötig

Um den Euro und die Schuldenprobleme der europäischen Länder sei es vielleicht etwas ruhiger geworden als zum Ende des letzten Jahres, aber "vor allem für einige der kleineren Länder an der Peripherie" gebe es noch viel zu tun, sagte Regling. Die Lage sei vor allem deshalb etwas leichter geworden, "weil die Länder, die im Fokus der Märkte standen" - Länder wie Griechenland, Portugal und Spanien -, "umfassende strukturpolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht" und ihre Budgets kräftig konsolidiert hätten. Die Rettungsansätze und Sparvorgaben der Gemeinschaft seien "alternativlos", betonte Regling, "denn diese Länder hatten zwei oder drei Probleme": Zu große Budgetdefizite und zu hohe Schuldenstände sowie einen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Währungsunion. Irland habe überdies ein riesiges Bankenproblem, daran müsse gearbeitet werden.

Beim Schuldengipfel der Euroländer in der kommenden Woche und Ende März beim europäischen Rat werde es um ein Gesamtpaket zur Lösung der Budgetprobleme und um die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder gehen, sagte Regling. Man müsse übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte vermeiden und die europäische Wirtschaftspolitik allgemein und die Fiskalpolitik besser koordinieren. Darüber hinaus gehe es darum, die Eckdaten für einen permanenten Krisenmechanismus festzuzurren, der den aktuellen, auf einer temporären Basis bestehenden Rettungsschirm ablösen soll.

An einen Zerfall der Eurozone glaubt Regling nicht, "weil es nicht im ökonomischen Interesse ist und auch nicht im politischen Interesse der einzelnen Länder, die Eurozone zu verlassen". Es sei auch nicht im Interesse der starken Länder wie Österreich und Deutschland, wenn die Währungsunion verkleinert würde. Der Euro ist für Regling "der höchste Stand der Integration, den wir erreicht haben, das ist sehr viel wert".

Sinn des Rettungsfonds sei es, "Zeit zu kaufen, damit die Länder die notwendigen Anpassungsmaßnahmen ergreifen können". Im Moment sehe es so aus, dass Irland das einzige Land bleiben werde, das Kredite und Garantien des Fonds tatsächlich in Anspruch nehmen muss. "Die Märkte spekulieren, dass ein Land wie Portugal vielleicht Hilfe braucht", aber Spanien z.B. habe "jetzt einen Entwicklungsstand erreicht, wo eigentlich die Märkte akzeptieren, dass Spanien kein Geld braucht". Falls das doch notwendig sein sollte, "haben wir im Moment in der Tat genug Geld, um diese zwei Länder abzudecken, aber es scheint nicht notwendig zu sein im Moment".

Eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms ist laut Regling derzeit nicht nötig. Bisher habe man ja nur Irland Kredite zugesagt. Diese Kredite würden nur 7 Prozent der Ausleihekapazitäten in Anspruch nehmen, wenn sie über die nächsten zwei Jahre ausgezahlt werden. Von Österreichs Haftungsrahmen von maximal 12 Mrd. Euro sei derzeit nur ein sehr kleiner Teil in Anspruch genommen, sagte Regling. Irland müsse seine Kredite mit Zinsen zurückzahlen und sowohl Irland als auch Griechenland müssten für die Garantiegewährung Prämien "in erheblichem Umfang" zahlen. Daher würden die anderen Euroländer einen Gewinn damit machen.

Bei Griechenland hätten die Märkte derzeit eine andere Einschätzung der Lage als die offiziellen Stellen. Aber man habe in der Finanzkrise gelernt, "dass Finanzmärkte nicht immer recht haben". Bis Oktober 2009 hätten sie die Risiken total unterschätzt. "Ich gehe davon aus, dass die Märkte auch jetzt wieder eine Fehleinschätzung haben", das sei ein Grund für die extrem großen Zinsdifferenzen. Es gebe bei IWF, EZB und EU-Kommission die klare Überzeugung, dass in Griechenland keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich seien, um die Schuldensituation in den Griff zu bekommen.

Sollte ein Land seine Schulden tatsächlich nicht bedienen können, müssten auch private Gläubiger mit in eine Schuldenregelung einbezogen werden. Aber derzeit gehe es in Griechenland und Irland um Liquiditätsprobleme - diese Länder würden rückzahlbare Kredite bekommen, da könne man nicht erwarten, dass private Gläubiger eine Schuldenreduzierung hinnehmen, das wäre auch ein Eingriff in Eigentumsrechte, sagte Regling. (APA)