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Der Minister über Sparpaket, Populisten und Philosophen.|"Privilegien-Pensionisten" wie in der OeNB sollen freiwillige Beiträge leisten.
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Wien.Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) war gemeinsam mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) einer der wichtigsten Verhandler zum Konsolidierungspaket der Regierung im Ausmaß von 26,5 Milliarden Euro. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erläutert er den neuen Geist in der Koalition, und warum hohe Pensionen wie jene der Nationalbank ungeschoren davonkamen.
"Wiener Zeitung": Rechnungshof-Präsident Josef Moser kritisierte, dass beim Sparpaket Doppelgleisigkeiten mit den Ländern nicht beseitigt wurden. Zudem blieben die ziemlich ungeschoren.Hundstorfer: Na, ja. Die Länder und Gemeinden müssen liefern. Natürlich bekommen sie Anteile an den neuen Steuern, aber es bleiben trotzdem fast drei Milliarden Euro bis 2016. Die Kritik des Rechnungshof-Präsidenten ist teilweise nicht nachvollziehbar. Einige Vorschläge finden sich im Paket, andere sind aber so irrational, dass wir sie als Regierung nicht machen. Das muss auch ein Rechnungshof zur Kenntnis nehmen.
Welche sind irrational?
Gemeinden sind ein zwiespältiges Thema. Natürlich kann ich Kompetenzen auf die Bezirkshauptmannschaft auslagern, aber auch dort müssen sie von jemand gemacht werden.
Das Pensionspaket findet sich auf der Einsparungsseite. Tatsächlich gibt es aber bei Bauern und Selbständigen Sozialversicherungs-Beitragserhöhungen. Die Prozentsätze bei der ASVG werden dennoch nicht erreicht. Kommt da noch einmal was?
Wir haben die gewerbliche Wirtschaft auf 18,5 Prozent erhöht. Bei den Bauern kommen wir nicht prozentmäßig, aber vom Volumen auf 18,5 Prozent, weil es in der Landwirtschaft dabei einen Zuschlag bei der Grundsteuer gibt. Aber diese beiden Gruppen haben andere Bemessungsgrundlagen, daher wird das jetzt eine längere Zwischenetappe.
Bei den hohen Pensionen für Politiker und bei der Nationalbank wurde dagegen gar nichts gemacht...
Hier gibt es ein Wissensmanko, was bereits passiert ist. Die alten Politikerpensionen gibt es seit 1995 nicht mehr, derzeit zahlen Politiker 14 Prozent Pensionssicherungsbeitrag. Und bei der Nationalbank gibt es diese Pensionen seit 1997 nicht mehr, und fünf Änderungen seither. Sie betrifft aktuell 300 Mitarbeiter. Bei den bereits pensionierten Mitarbeitern der Nationalbank wollen wir einen freiwilligen Beitrag erreichen. Da bei diesen die Pension Bestandteil des Dienstvertrages ist, sind Änderungen mühsam. Populistisch sind solche Forderungen super, rechtlich aber immens schwierig.
Man hat den Eindruck, ein Teil des gesamten Konsolidierungs-Pakets lebt vom Prinzip Hoffnung...
Ja, mir wird gesagt, manche Maßnahmen sind im Bereich der Philosophie. Aber wenn ich damit nicht beginne, wie soll das im sozialen Bereich jemals Realität werden? Nehmen wir das Beispiel Jugend-Coaching, eine Maßnahme gegen Jugend-Arbeitslosigkeit. Das begann als Idee im Sozialministerium vor meiner Zeit, und jetzt wird es als Vorbild von Kanzler Faymann im Europäischen Rat präsentiert. Und ich werde es am Freitag beim Treffen der EU-Sozialminister in Brüssel im Detail erklären. Das hat mit philosophischen Überlegungen begonnen, und nun soll es europäische Realität werden. Bei der Finanztransaktionssteuer ist es mittlerweile in der Eurozone auch so.
Länder wie Griechenland, Portugal, auch Spanien werden sich das leisten können, was sich Österreich bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leistet?
Nein, das können sie nicht, das ist wohl richtig. Daher müssen wir auch bei der Finanzierung solcher Programme neue Wege gehen, die klassische Ko-Finanzierung mit dem EU-Mitgliedsstaat ist nicht möglich. Aber der zuständige EU-Kommissar Andor hat da sicher Vorschläge...
Im Polit-Marketing für das Konsolidierungspaket schaut es so aus, als ob zwischen der sonst eher zerstrittenen Koalition kein Blatt Papier passt. Absicht?
Inhaltlich werden wir uns nicht auseinanderdividieren lassen, sonst wird das nichts. Ab heute, Dienstag, werden wir darüber reden, welche Gesetze notwendig sind. Es gibt nur semantische Differenzen. Die Wirtschaftskammer will die vereinbarte Arbeitsmarktabgabe anders genannt wissen. Dagegen habe ich nichts. An der Tatsache, dass pro Kündigung Arbeitgeber künftig 110 Euro Einmalerlag zahlen müssen, ändert sich sicher nichts.
Und die SPÖ, wie wir die Partei dieses Paket politisch einsetzen?
Alle sozialen Netze sind weiterhin da. Bei den Mindestpensionen ist nix passiert. Und die Erbschaftssteuer haben wir weiter auf der Agenda, jetzt als Wahlkampfthema für 2013. Am Arbeitsmarkt ist es schwieriger, weil wir so breit aufgestellt sind. Maßnahmen gegen Jugend-Arbeitslosigkeit und die Pläne für ältere Arbeitnehmer. Da tun sich politische Vereinfacher leichter.
Zurück zum Konsolidierungspaket. Da gibt es ein Offensivpaket für ältere Arbeitnehmer. Ein Polit-Schmäh, weil dort Kürzungen einfach ausbleiben?
Nein, wir haben bis 2016 750 Millionen Euro zusätzlich für den Arbeitsmarkt älterer Arbeitnehmer. 150 Millionen gehen in die Altersteilzeit. 600 Millionen gehen in Maßnahmen für über 50-Jährige, aber auch über 60-Jährige. Wir zahlen etwa sechs Monate ein Viertel des Lohns, es gibt aber auch klassische Maßnahmen wie Umschulungen. Tenor: Alles ist billiger wie einfach in Pension gehen.
Viele Unternehmen schicken Mitarbeiter aus Kostengründen mit 60 in Pension. Egal, ob Pensionskonto oder nicht, Beschäftigte werden da nicht gefragt.
Ja, die Wirtschaft wird sich da im Denken umstellen müssen. Aber auch einige der Betroffenen, die in Pension gehen wollen, aber nicht mehr können.