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"Die kritische Masse ist erreicht"

Von Katharina Schmidt

Politik

Die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger hofft, dass gesetzliche Regelungen für Regenbogenfamilien durch gesellschaftlichen Druck entstehen können.


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"Wiener Zeitung": Sie wollen einen Resolutionsantrag an die Bundesregierung einbringen, um auf das Thema Regenbogenfamilien aufmerksam zu machen. Funktioniert so etwas jetzt in der Koalition mit den Grünen leichter?Sandra Frauenberger: Die Grünen wären schon vor der Koalition in jedem Fall mit uns gegangen. Wir haben gerade in diesem Thema mit den Grünen eine absolute Übereinstimmung.

Welche Unterstützung erwarten Sie sich von diesem Antrag in der eigenen Partei auf Bundesebene und in der ÖVP?

Wir haben bei diesem Thema dasselbe Problem wie auch in den anderen frauenpolitischen Bereichen - etwa bei der Obsorge oder dem Gewaltschutz: Auf Bundesebene sind mehrere Ministerien damit befasst. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek war beim gesamten Gesetz zur Eingetragenen Partnerschaft mit uns sehr einig und wir haben uns gegenseitig unterstützt. Aber wir haben es eben auch mit einem konservativen Justizministerium zu tun. Wir scheitern hier nicht an der eigenen Partei auf Bundesebene sondern daran, dass wir eine Koalition haben und die ÖVP gerade beim Familienbild noch eine konservative Einstellung hat.

Dieses Familienbild bricht aber auch auf - es gibt zum Beispiel eine Arbeitsgruppe zur gemeinsamen Obsorge. Werden irgendwann Regenbogenfamilien eine gute rechtliche Basis haben?

Ich glaube fest daran. Justizministerin Beatrix Karl ist jederzeit und auf jeden Fall zum Dialog bereit. In einigen Bereichen - etwa beim Thema Regenbogenfamilien - haben wir die kritische Masse erreicht. Regenbogenfamilien werden durch die eingetragene Partnerschaft und durch die Kampagne der MA 11 zu Pflegeeltern sichtbarer und erlebbarer. Man erlebt in der Urbanität zunehmend Regenbogenfamilien in der U-Bahn, beim Bäcker und vor dem Kindergarten. Damit verändert sich auch das Bild und das ist gut so. Wir wollen auch sensibilisieren. Denn es ist egal, ob die Eltern hetero- oder homosexuell sind, es geht um das Kindeswohl. Wenn es dem Kind gut geht, dann geht es ihm da wie dort gut. Kinder in homosexuellen Elternschaften sind auch stärkere Kinder, sie haben ein stärkeres Selbstbewusstsein. Die Konservativen argumentieren oft: "Die sind arm, weil sie gehänselt, gemobbt und diskriminiert werden." Da ist die schöne Botschaft: Wenn es daheim in der Familie funktioniert, dann federt die Familie das ab und die Kinder ziehen keinerlei Nachteil daraus.

Die Frage, ob homosexuelle Paare Pflegeeltern werden können, ist Landessache. Von welchen Bundesländern bekommen Sie hier Unterstützung?

Wien ist Vorreiter, in der Steiermark, in Salzburg und in Oberösterreich gibt es mittlerweile auch diese Möglichkeit. Das, was wir landesrechtlich regeln können, haben wir alles geregelt. Die Pflegeeltern sind in Wien zum Beispiel in den Karenzregelungen abgebildet. Jetzt gilt es, auf Bundesebene weiterzukämpfen. Auch das Namensrecht ist unheimlich diskriminierend: Wir haben die Eingetragene Partnerschaft geschaffen, aber dieses Namensrecht stellt die Menschen an den Pranger.

Sie sprechen jetzt an, dass eingetragene Partner zwar einen Doppelnamen tragen dürfen, aber nur ohne Bindestrich zwischen den Namen. Fällt das nicht nur Insidern auf?

Die Menschen outen sich dort, wo sie das tun wollen. Sie sollen zum Beispiel ihr Privatleben aus dem Arbeitsprozess heraushalten können. Da geht es noch nicht einmal um Ressentiments, sondern darum, dass die Entscheidung der Menschen akzeptiert wird und nicht an einem Bindestrich erkennbar ist, dass sie in einer Eingetragenen Partnerschaft leben.

Noch einmal zurück zum Zeithorizont: Wann erhoffen Sie sich da Bewegung?

Ich will keinen Zeithorizont nennen, aber es bewegt sich auch in der Community etwas. Die jungen denken darüber jetzt schon nach, während das für die heute 50-Jährigen nie ein Thema war. Je mehr Homosexuelle einen Kinderwunsch haben und den auch umsetzen, dann wird es auch einen gesellschaftlichen Druck geben in Richtung rechtlicher Veränderungen.