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Wir müssen nicht weniger Geld ausgeben, aber es besser verteilen.
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In den elf Monaten seit Beginn der Pandemie hat Österreich rund 31 Milliarden Euro für Wirtschaftshilfen ausgegeben. Nüchtern betrachtet muss man konstatieren: Die Hilfen kamen bei vielen zu wenig oder zu spät an, während sich andere trotz wenig Arbeit eine goldene Nase verdienten. Eine Fehlersuche tut not.
Fehler 1: Wir vergessen auf die Kleinen. Der Härtefallfonds bezahlt ein minimales Gehalt, aber dann fehlt noch die Hilfe für das Geschäft. Für Einnahmen-Ausgaben-Rechner sind die Konditionen der Hilfen lückenhaft oder unpraktikabel - weil viele stark schwankende Einnahmen erzielen, haben sie vom Umsatzersatz kaum etwas. Stark wachsende Unternehmen wie Start-ups stehen ebenso im Regen.
Fehler 2: Eine gesetzliche Suspendierung oder Streichung der Mieten und Betriebskosten wie in Frankreich fehlt bis heute. Kaffeehäuser, Bäckereien oder kleine Händler sind auf den guten Willen ihrer Vermieter angewiesen. Die Immobilieneigentümer beteiligen sich damit an den Kosten der Pandemie höchstens freiwillig.
Fehler 3: Einige Branchen können Umsatzeinbrüche vor oder nach Lockdowns gut kompensieren, weil Konsumenten Käufe nachholen. Wessen Minus gleichmäßiger verteilt ist, der sieht systematisch weniger Geld. Der Fehler wird beim neuen Verlustausgleich wiederholt, diesmal mit bis zu 10 Millionen Euro pro Unternehmen. Unternehmen können sich aus zehn Monaten jene heraussuchen, in denen sie am stärksten betroffen sind. Ob in den nicht eingereichten Monaten oder nach Ende der Lockdowns ein hohes Umsatzplus steht, das die Verluste wieder kompensiert, wird nicht erhoben. Die potenten Eigentümer der Möbelriesen, Elektroketten und Baumärkte können sich bedanken. Eine Rückforderung der Wirtschaftshilfen wäre aber mit einem längeren Betrachtungszeitraum leicht umsetzbar.
Fehler 4: Internationale Vergleiche zeigen, dass Österreich mehr als alle anderen Länder auf Zuschüsse gesetzt hat - Geld für Unternehmen ohne viele Verpflichtungen. Unabhängig davon, ob das Geld auch wirklich gebraucht wird. Andere Länder haben stärker auf Kredite und Garantien gesetzt. Die Unternehmer müssen deshalb dort auch immer eigenes Geld einsetzen.
Fehler 5: Österreich hat ein Lobbying-Problem. Es wird nicht immer denen geholfen, die Hilfe am nötigsten brauchen, sondern zu stark jenen, die politisch mächtig sind oder am intensivsten lobbyieren.
Fehler 6: Die Wirtschaftshilfen sind intransparent. Während Mini-Unterstützungen öffentlich gemacht werden, bleiben Milliarden an Haftungen, Zuschüssen und Umsatzersatz im Dunkeln. Die eigens gegründete Agentur Cofag hebelt das Anfragerecht der Parlamentarier aus. Wissenschaftern wird sowieso kein Zugang zu Daten gewährt.
Die Regierung gibt zu Recht sehr viel Geld aus. Doch es kommt nicht immer bei den Richtigen an. Die Pandemie wird noch dauern, 2021 ein weiteres Krisenjahr werden. Es wäre an der Zeit, aus den Fehlern zu lernen und die Wirtschaftshilfen auf bessere Füße zu stellen. Wir müssen nicht weniger Geld ausgeben, aber es besser verteilen. Anders als das Virus liegt dies gänzlich in unserer eigenen Hand.